Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 13.12.2000)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Dezember 2000 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Landessozialgerichts (LSG) gerichtete, auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gestützte Beschwerde ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Daran mangelt es hier.

Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diese grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt werden. Hierzu ist zunächst darzulegen, welcher konkreten abstrakten Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beigemessen wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 11). Denn die Zulassung der Revision erfolgt zur Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen und nicht zur weiteren Entscheidung des Rechtsstreits. Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die begehrte Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 181). Dazu ist erforderlich, daß ausgeführt wird, ob die Klärung dieser Rechtsfrage grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Insbesondere hat der Beschwerdeführer darzulegen, daß die Rechtsfrage klärungsbedürftig, also zweifelhaft und klärungsfähig, mithin rechtserheblich ist, so daß hierzu eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu erwarten ist (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Zur Klärungsfähigkeit gehört auch, daß die Rechtsfrage in einem nach erfolgter Zulassung durchgeführten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist (BSG Beschluß vom 11. September 1998 – B 2 U 188/98 B –).

Die Klärungsbedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nrn 13 und 65) oder wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist (BSG SozR 1300 § 13 Nr 1), wenn sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17), wenn sie praktisch außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4) oder wenn sich für die Antwort in anderen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 117; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 65). Die Klärungsbedürftigkeit ist schließlich nicht gegeben, wenn die Rechtsfrage nicht mehr geltendes Recht betrifft und nicht erkennbar wird, daß noch eine erhebliche – genau zu bezeichnende – Anzahl von Fällen nach diesen Vorschriften zu entscheiden sind (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 19; Beschlüsse des Senats vom 15. September 1986 – 2 BU 104/86 –, vom 23. August 1996 – 2 BU 149/96 –, vom 26. Oktober 1998 – B 2 U 252/98 B – nachfolgend Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 2000 – 1 BvR 2198/98 – sowie vom 29. April 1999 – B 2 U 178/98 B – HVBG-Info 1999, 2943; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 187) oder daß die Rechtsfrage für das neue Recht weiterhin von Bedeutung ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 58; Beschlüsse des BSG vom 26. November 1996 – 3 BK 4/96 –, 31. März 1999 – B 7 AL 170/98 B – und 6. Mai 1999 – B 11 AL 209/98 B –).

Die Klägerin stellt im Hinblick auf § 589 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) die folgenden Fragen:

  1. „Bestand hier, wie diesseitig geltend gemacht, eine entsprechende konkrete Beratungspflicht durch die Berufsgenossenschaft?
  2. Hat hier deshalb die Berufsgenossenschaft die Klägerin so zu stellen, als hätte man berufsgenossenschaftlich dieser Beratungs- und Auskunftspflicht genügt?”.

Ferner hat die Klägerin ausgeführt, „angeschnittene Rechtsfrage” sei die Frage, ob eine Rechtspflicht zur Aufklärung der Witwe über ihre Rechte nach § 589 Abs 2 RVO für die Berufsgenossenschaft bestehe und wie der Fall zu behandeln sei, wenn ein Obduktionsergebnis durch die Unterlassung des Hinweises erzielt werde, welches die Berufsgenossenschaft für sich verbuchen zu können glaube.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin mit den zitierten Ausführungen überhaupt eine oder mehrere abstrakte, vom Einzelfall losgelöste Rechtsfragen formuliert hat, denn die Beschwerdebegründung enthält keinerlei Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit der gestellten bzw angeschnittenen Fragen. Die Klägerin hat unberücksichtigt gelassen, daß die von ihr auf § 589 Abs 2 RVO bezogenen Fragen ausgelaufenes Recht betreffen. Nach dem vom LSG angewandten, bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, schrieb diese Vorschrift vor, daß dem Tod durch Arbeitsunfall der Tod eines Versicherten gleichstehe, der an einer der konkret bezeichneten Berufskrankheiten gelitten hat und dessen Erwerbsfähigkeit um 50 oder mehr vH gemindert war. Nach Satz 2 dieser Vorschrift galt dies nicht, wenn offenkundig war, daß der Tod mit der Berufskrankheit nicht in ursächlichem Zusammenhang steht. Satz 3 des § 589 Abs 2 RVO schrieb schließlich vor, daß Leichenausgrabungen zum Zwecke einer solchen Feststellung nicht gefordert werden dürfen. Diese Regelung ist mit Wirkung vom 1. Januar 1997 durch Art 35 Nr 1 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (UVEG) vom 7. August 1996 (BGBl I 1254) aufgehoben und durch den nicht inhaltsgleichen § 63 Abs 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) ersetzt worden (Art 36 UVEG). Abweichend von § 589 Abs 2 Satz 3 RVO bestimmt § 63 Abs 2 Satz 2 SGB VII, daß eine „Obduktion” nicht gefordert werden darf.

Ist eine gesetzliche Bestimmung nicht durch eine inhaltsgleiche andere gesetzliche Bestimmung abgelöst worden, muß zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage dargestellt werden, daß die Frage für das neue Recht weiterhin von Bedeutung ist oder daß noch eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem Recht zu entscheiden sind. Beides hat die Klägerin unterlassen. Es sind auch keine Anhaltspunkte über vergleichbare Fälle ersichtlich, die der Entscheidung harren und die Klärungsbedürftigkeit der gestellten Fragen begründen könnten.

Die Beschwerde war damit als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1175510

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