Fehlgeschlagene Kreditkartentransaktion - Kunde muss auf den Abbruchbeleg bestehen
Der Kläger wollte seine Rechnung in einem Lokal auf der Hamburger Reeperbahn mit Karte bezahlen. Die Mitarbeiterin des Lokals kam mit einem Kartenlesegerät, in das der Mann nach eigenen Aussagen seine PIN verdeckt eingab. Die Mitarbeiterin entfernte sich daraufhin für mehrere Minuten aus dem Blickfeld des Mannes. Als sie wiederkam, behauptete sie, die Transaktion habe nicht funktioniert. Daraufhin gab der Mann nochmals seine PIN ein. Die Frau entfernte sich wieder. Und wieder war die Transaktion angeblich fehlgeschlagen. Zum Einsatz kamen dabei sowohl die girocard als auch die Kreditkarte des Mannes.
Keine Abbruchbelege für angeblich gescheiterte Kartentransaktionen
Einen Abbruchbeleg der Transaktion bekam der Mann nie zu sehen bzw. wurde von ihm auch nicht angefordert. Dieses Procedere wiederholte sich einige Male. Argwöhnisch wurde der Mann erst, als er aufgefordert wurde, einen Schuldschein zu unterschreiben. Er rief daraufhin die Polizei.
Parallel zur Transaktion im Lokal extern Geld vom Geldautomat abhoben
Im Nachhinein stellte sich heraus, dass in der Nacht, in der der Kläger in dem Lokal gewesen war mit seinen Originalkarten an einem Geldautomaten zwei Mal 1.000 Euro in bar abgehoben worden waren. Der Kläger nahm die kartenausgebende Bank auf Rückzahlung der Beträge in Anspruch und die Angelegenheit landete vor Gericht..
Keinen Ersattungsannspruch wegen der mit girocard und VISA-Karte abgehobenen Beträge
Das Amtsgericht Frankfurt entschied, der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Bank aus § 675 u Satz 2 BGB auf Erstattung/Gutschrift der mittels girocard und VISA-Karte abgehobenen Beträge. Denn die beiden Abhebungen stellen keinen nicht autorisierten Zahlungsvorgang im Sinne des § 675 u Satz 2 BGB dar, weil sie beide jeweils unter Verwendung der Originalkarten und unter richtiger Eingabe der jeweiligen PIN erfolgten.
Der Kläger hat den Schaden durch eine grob fahrlässige Verletzung seiner Vertragspflichten herbeigeführt (§ 675v Abs. 3 Nr. 2 BGB).
Bankkunde hat seine Sorgfaltspflicht verletzt
Das Gericht wertete die Geschehnisse im Lokal so, dass der Kläger seine Sorgfaltspflicht verletzt habe. Es verwies auf eine Entscheidung des BGH (BGH, Urteil v. 29.11.2011, XI ZR 370/10 s.u.), wonach ein Verschuldensvorwurf sich im Einzelfall aus konkreten, den Missbrauch begünstigenden Umständen der Kartennutzung ergeben muss. Diese Umstände lägen im vorliegenden Fall vor:
- Der Kläger habe es geduldet, dass sich eine Angestellte des Lokals mehrere Male mit der Karte und dem Lesegerät, in das die richtige PIN eingegeben worden war, entfernt hatte.
- Zudem habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt darauf bestanden, einen Beleg über den Abbruch der zuvor eingeleiteten und durch Einstecken der Karte bzw. Eingabe der richtigen PIN gestarteten Transaktionsvorgänge zu erhalten.
Worauf Kunden bei Kartenzahlungen achten müssen
Das Gericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass es im Alltag häufig vorkomme, dass bei elektronischen Zahlungsmitteln eine Datenübermittlung nicht möglich ist und der Vorgang wiederholt werden muss, beispielsweise weil die Leitungen überlastet sind. Die Anforderungen an die Karteninhaber präzisierte das Gericht so:
- Sie müssen immer darauf bestehen, den Beleg für den Abbruch der Transaktion zu erhalten, bevor sie den Zahlungsvorgang nochmals anstoßen.
- Denn nur so können Karteninhaber sicher sein, dass der vorherige Zahlungsvorgang gescheitert ist und nicht erfolgreich abgeschlossen wurde.
- Nur der Beleg über den Abbruch erbringt bei späteren Auseinandersetzung den Beweis, dass der Datentransfer nicht erfolgreich beendigt wurde.
Verzicht auf Abbruchbeleg ist grob fahrlässig
Verzicht auf die Produktion eines Transaktionsabbruchbeleges muss als grob fahrlässig gewertet werden. Bei seriösen Händlern wird ein derartiger Beleg grundsätzlich sofort produziert und ohne Notwendigkeit der eigenen Nachfrage seitens des Kunden übergeben. Wenn das Verlagen auf Aushändigung eines Belegs zurückgewiesen wird, ist ein Missbrauchsverdacht begründet.
(AG Frankfurt a. M., Urteil v. 06.08.2019, 30 C 4153/18).
Anmerkung:
In den Fällen des sog. „Skimming“ (engl. für „Abschöpfen“), bei welchen die Kartendaten ausgespäht und auf gefälschte Karten kopiert werden, spreche der Geschehensablauf gerade nicht dafür, dass die Karte gemeinsam mit der PIN aufbewahrt wurde.
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Hintergrund: Beweislage bei Abhebung mit richtigen Geheimzahl und Original-Karte
Bei der missbräuchlichen Abhebung an einem Geldautomaten (Malheur am Geldautomat: Mal kommt zuviel, mal zuwenig) unter Eingabe der richtigen persönlichen Geheimzahl und unter Verwendung der Original- EC-Karte geht der BGH dem ersten Anschein davon aus, dass der Dieb die Geheimnummer kannte, weil sie zusammen mit der Karte aufbewahrt worden ist (BGH NJW 12, 1277 ff = MDR 12, 239 f im Anschluss an BGHZ 160, 308 ff = NJW 04, 3623 ff).
Voraussetzung ist allerdings, dass die Bank die konkrete Ausgestaltung des von ihr eingesetzten Authentifizierungssystems und dessen Sicherheitsniveau für den in Rede stehenden Einzelfall darlegt und ggf beweist (BGHZ 208, 331, 346 Rz 46 = NJW 16, 2024, 2028).
Erst wenn feststeht, dass das Sicherheitssystem im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendet und fehlerfrei funktioniert hat, kann dem ersten Anschein nach von einer wirksamen Abhebung mit der Originalkarte ausgegangen werden. Ist danach ein Anscheinsbeweis zu bejahen, dürfen die Anforderungen an den Gegenbeweis zur Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht überspannt werden. Da die volle Haftung des Kunden gem. § 675v II BGB nur bei grober Fahrlässigkeit eingreift, geht es zur Erschütterung des Anscheinsbeweises ohnehin regelmäßig nur darum, den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit auszuräumen.
Stehen dem Kunden keine anderen Beweismittel zur Verfügung, kommt auch eine Parteivernehmung gem. § 448 in Betracht, um den Anscheinsbeweis, er habe Karte und Geheimnummer zusammen verwahrt, zu erschüttern (BGH, Urteil v. 29.11.2011, XI ZR 370/10).
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