Keine Bankgebühr bei Kartenverlust und Ausstellung einer Ersatzkarte
Die Postbank verwendete in ihrem Preis-Leistungs-Verzeichnis für Zahlungsverkehrskarten eine Klausel, wonach für die Ausstellung einer Ersatzkarte auf Wunsch des Kunden eine Gebühr in Höhe von 15 Euro zu entrichten ist. Die Klausel schränkte die Gebührenpflicht auf die Fälle ein, in denen die „Notwendigkeit der Ausstellung der Ersatzkarte ihre Ursache nicht im Verantwortungsbereich der Bank hat“.
Gebührenpflicht scheitert an der Inhaltskontrolle
Nachdem die Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzverbandes zunächst in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg hatte, verpflichtete der BGH die Postbank, die Verwendung der Klausel in Zukunft zu unterlassen, da die Bestimmung einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht standhalte.
Verlust der Bankkarte führte regelmäßig zur Gebührenpflicht
Der BGH beanstandete, dass der Kunde in sämtlichen Fällen, in denen das Verlangen nach einer Ersatzkarte nicht in den Verantwortungsbereich der Bank fällt, zur Entrichtung einer Gebühr von 15 Euro verpflichtet ist. In der Praxis betraf dies insbesondere die Fälle, in denen Kunden wegen Verlustes oder Diebstahls ihrer Karte eine Sperrung des Kontos gemäß § 675 k BGB veranlassten und hierdurch die Ausstellung einer Ersatzkarte erforderlich wurde.
Die Erstellung einer Ersatzkarte ist gesetzliche Nebenpflicht der Bank
Der BGH stellte klar, dass die Ausstellung der Ersatzkarte in diesen Fällen eine gesetzliche Nebenpflicht der Bank ist. Gemäß § 675 k Abs. 2 Satz 5 BGB ist der Zahlungsdienstleister verpflichtet, das Zahlungsauthentifizierungsinstrument zu entsperren und dieses durch ein neues Zahlungsauthentifizierungsinstrument zu ersetzen, sprich durch eine neue Bankkarte, zu ersetzen.
Ein Entgelt für die Erfüllung dieser Nebenpflicht sehe das Gesetz nicht vor, so dass die beanstandete Klausel eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild darstelle.
Differenzierung nach Verantwortungsbereichen nicht zulässig
Auch sah der Senat keinen Spielraum für eine Differenzierung nach Verantwortungsbereichen. Da das Gesetz der Bank die Verpflichtung zur Ausstellung einer Ersatzkarte auferlege, dürfe die Bank hinsichtlich der Gebührenpflicht nicht danach unterscheiden, ob das Erfordernis der Neuausstellung im Verantwortungsbereich der Bank oder im Verantwortungsbereich des Kunden liege. Die Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflicht dürfe die Bank daher nicht durch eine Klausel in den AGB von der Entrichtung einer Gebühr abhängig machen.
Gebührenpflicht ist nicht völlig ausgeschlossen
Damit kam der BGH zu dem Ergebnis, dass die verwendete Klausel von zwingendem Recht zum Nachteil des Kunden abweiche. Der BGH verkannte dabei nicht, dass die Auferlegung einer Gebührenpflicht gemäß § 675 f Abs. 4 BGB nicht völlig unmöglich wäre. Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift kann der Zahlungsdienstleister für die Erfüllung von Nebenpflichten dann ein Entgelt verlangen, wenn dies ausdrücklich zugelassen und eine solche Verpflichtung zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden ist. An der hierfür erforderlichen Zulassungsanordnung fehle es aber, so dass diese Ausnahme nicht in Betracht komme.
Hat das Urteil Bedeutung auch für die AGB andere Banken?
Der Deutsche Sparkassen und Giroverband (DSGV) hat bereits erklärt, dass die Entscheidung nur für die von der Postbank verwendete AGB gelte, da andere Banken abweichende Formulierungen verwenden würden, die den gesetzlichen Vorgaben entsprächen. Die Richtigkeit dieser Aussage darf bezweifelt werden. Unklar bleibt nach der Entscheidung des BGH allerdings, ob Banken dann Gebühren verlangen können, wenn die Ausstellung einer Ersatzkarte deshalb erforderlich wird, weil der Kunde die Originalkarte schuldhaft beschädigt hat. Der DSGV will vor einer endgültigen Beurteilung der damit verbundenen Fragen die Veröffentlichung der Urteilsgründe abwarten.
(BGH, Urteil v.20.10.2015, XI ZR 166/14).
Vgl. zum Thema Banken und AGB bzw. Gebühren:
Nicht jede Bearbeitungsgebühr ist rechtswidrig
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