Erneute Schlappe für die Sparkasse Ulm

Der bodenständigen Sparkasse in Süddeutschland fliegen hoch verzinsliche Sparverträge um die Ohren, die das Geldhaus ihren Kunden in den Jahren 1993 bis 2005 angedient hatte. Das LG Ulm hat nun erneut zulasten des Bankhauses entschieden.

In der Zeit, als Sparer noch mit attraktiven Zinsen gelockt wurden, hatte sich die Sparkasse Ulm ein besonders attraktives Produkt ausgedacht. Die von ihr angebotenen „Scala- Sparverträge“ sollten Kunden mit einer besonders flexiblen attraktiven Sparmöglichkeit locken. Die Verträge haben eine Laufzeit von 25 Jahren. Der Kunde kann nach freier Wahl jeden Monat zwischen 50 und 2.500 Euro einzahlen. Hierfür bietet das Geldhaus eine Grundverzinsung sowie einen Bonuszins on top. Dieser Bonuszins steigt wie auf einer Treppe (italienisch: Scala) ständig nach oben und bewegt sich nach ca. 20 Jahren um die 3,5 %.

Scala- Verträge sind für die Bank heute reines Minusgeschäft

Angesichts der derzeit üblichen Nullverzinsung sind diese Verträge zu einer erheblichen Belastung für die Sparkasse geworden. Ca. 22.000 Verträge hatte die Sparkasse an den Mann bzw. an die Frau gebracht. Immerhin ist es der Sparkasse gelungen rund 14.000 Kunden dazu zu bewegen, aus den Verträgen aus- oder in andere Verträge umzusteigen. Ca. 4.000 Verträge laufen demnächst aus. Die verbleibenden 4.000 Verträge sind das Problem.

Sparkasse darf die Verträge nicht kündigen

Die Sparkasse hatte ihren Kunden bereits vor längerer Zeit in einem Schreiben angekündigt, die Verträge wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu kündigen. In einem grundlegenden Urteil hatte das LG Ulm der Sparkasse die Kündigung anlässlich einer Feststellungsklage untersagt (LG Ulm, Urteil v. 26.1.2015, 4 O 273/13).

Das Wahlrecht des Kunden zur Einzahlungshöhe gilt bis Laufzeitende

In seiner Entscheidung hatte das LG darüber hinaus klargestellt, dass das in den Verträgen enthaltenen Wahlrecht des Kunden, monatlich entweder 50 oder bis zu 2.500 Euro einzuzahlen, für die gesamte Laufzeit des Vertrages gelte. Dies ändere sich nicht etwa dadurch, dass Kunden, die zu Vertragsbeginn regelmäßig nur niedrige Beträge monatlich einzahlten, ihre monatlich Einzahlungen angesichts der attraktiven Verzinsung inzwischen deutlich erhöht hatten. Dies stehe den Kunden frei. Rechtskräftig ist das Urteil des LG allerdings nicht, das Berufungsverfahren läuft zur Zeit beim OLG Stuttgart.

Pacta sunt servanda

Die jetzt vom LG entschiedenen Rechtsstreite hatten sich an der Frage der Zinsberechnung entzündet. Die Sparkasse berechnete den Bonuszins nach einer absoluten Methode, aus Sicht der Sparer ist der Bonuszins in Relation zum Referenzzins zu sehen. Dies ergibt sich nach Auffassung der Sparer schon daraus, dass der Zins sonst ins Negative rutschen könne. Auch hier hat das LG den Sparern nachhaltig den Rücken gestärkt. Wie auch in der Entscheidung von Januar wies das Gericht zur Begründung im Wesentlichen darauf hin, dass die vertragliche Gestaltung eindeutig sei und keine Zweifel an der Berechnungsmethode zulasse. Wie im Januar beruht das Urteil auf der schlichten, aber durchschlagenden juristischen Formel, dass geschlossene Verträge einzuhalten sind, auch von einer Sparkasse.

Gefahr für das Image der Sparkassen

Die Sparkasse hat angekündigt, auch gegen dieses Urteil Berufung einzulegen. Beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband stößt die Sparkasse mit ihrer Haltung nicht auf Gegenliebe. Der Verband befürchtet, dass die Sparkasse mit ihrer rigorosen Haltung das bodenständige und ehrliche Image der Deutschen Sparkassen schädigt. Für die Sparkasse Ulm geht es aber um richtig viel Geld. Nach Schätzungen der Kundenanwälte dürfte die Sparkasse für den Durchschnittskunden bei Bestand der landgerichtlichen Entscheidung zwischen 2.000 und  4.000 Euro an Zinsrückständen pro Kunde zu zahlen haben.

Kunden sollten Verträge halten

Die Verfahren werden von den deutschen Sparkassen mit Spannung verfolgt. Auch andere Sparkassen und Banken haben um die Jahrtausendwende teils langfristige Sparverträge mit sehr kundenfreundlichen Zinskonditionen vergeben. Das Verfahren hat daher für Sparer in der Bundesblick insgesamt Relevanz. Der Ratschlag an die Inhaber solcher Sparverträge sollte sein, sich von den Sparkassen nicht zu einem Wechsel in andere Verträge überreden zu lassen, sondern zunächst den Gang der Verfahren abzuwarten und zinsgünstige Verträge zu halten. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass der BGH in der Sache noch das letzte Wort haben wird. Die betroffenen Sparer benötigen also einen langen Atem.

(LG Ulm, Urteil v. 7.8.2015, 4 O 378/13; 4 O 340/14; 4 O 376/14; 4 O 377/14)

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