Schmerzensgeldanspruch: Fahrradfahren mit Hund

Wer mit Hunden an der Leine Fahrrad fährt, geht erhebliche Risiken ein und muss sich deshalb äußerst vorausschauend verhalten. Das Mitverschulden im Falle eines Sturzes unter Fremdeinwirkung kann deshalb recht hoch ausfallen.

Es war ein schmerzhafter Sturz mit Ansage. Der verunglückte Kläger war mit dem Fahrrad unterwegs, einhändig fahrend, da er an der rechten Hand zwei Schäferhunde an der Leine führte. Zum Sturz kam es, als der Fahrradfahrer sich von hinten einem Fußgänger näherte, der auf dem Grünstreifen am linken Fahrradrand mit seinem frei laufenden Hund lief.

Begegnung mit freilaufendem Hund führt zu Sturz

Der Hund des Fußgängers lief auf den Radler samt Hunden zu. Der bremste abrupt, verlor das Gleichgewicht und fiel. Dabei verletzte er sich erheblich an der rechten Hand, die mit 20 Stichen genäht werden musste. 18 Tage Krankschreibung kamen dazu.

Von dem Fußgänger verlangte der Mann u.a. Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 Euro. Das Amtsgericht Steinfurt gestand ihm jedoch nur 200 Euro zu, ausgehend von einem grundsätzlich anzusetzenden Schmerzensgeld von 800 Euro.

Radler hat eine Mitverschuldensquote von 75 Prozent

200 Euro deshalb, weil das Gericht bei dem Radfahrer eine Mitverschuldensquote von 75 Prozent sah. Das LG Münster schloss sich der Einschätzung des AG in den wesentlichen Punkten an, insbesondere dem zur Höhe des Schmerzensgeldanspruchs.

Der Kläger müsse sich eine äußerst gefährliche Fahrweise mit zwei Hunden an der Leine und der Leine in der rechten Hand zurechnen lassen, so das Gericht. Es sah darin ein besonders risikoerhöhendes Verhalten, was sich auch in den gesetzlichen Bestimmungen spiegele: § 28 Abs. 1 S. 3 und 4 StVO verbietet im Interesse der Verkehrssicherheit grundsätzlich das Führen von Fahrzeugen aus. Ausgenommen von dieser Regel seien nur größere (folgsame) Hunde hinter Fahrrädern.

Beherrschung des Fahrrades darf durch Hund nicht beeinträchtigt werden

Fahrradfahrer mit Hund im Sinne der StVO müssten aber sicherstellen, dass die Beherrschung des Fahrrades durch das Tier nicht beeinträchtigt werde. Das sei im Falle des Fahrradfahrers aber eindeutig nicht so gewesen. So hätte er im Falle eines Rechtsabbiegens beispielsweise keine Richtungsanzeige abgeben können. Ein Linksabbiegen hätte zur Richtungsanzeige ein freihändiges Fahren erfordert – rechts hielt der Mann ja seine beiden Hunde an der Leine.

Das Gericht wies insbesondere drauf hin, dass der Fahrradfahrer rechtzeitig hätte reagieren müssen, als er sah, dass er sich einem Fußgänger mit freilaufendem Hund näherte – er hätte entweder die Geschwindigkeit reduzieren oder sogar absteigen müssen.

Um Risiken für Fahrradfahrer mit Hunden zu reduzieren, gäbe es zudem die Möglichkeit, an das Fahrrad eine spezielle Hundehalterung zu bauen, mit der eine Hundeleine gefedert und am Fahrrad befestigt werden kann und die es dem Radler erlaubt, beide Hände zum Führen des Fahrrades zu nutzen.

Das Gericht wies zudem darauf hin, dass auch bei der Begegnung mit einem angeleinten Hund eine potenziell gefährliche Situation für den Radfahrer entstehen hätte können, wenn die Hunde aufeinander reagiert hätten.

 

(LG Münster, Urteil v. 16.12.2015, 01 S 56/15)

 

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Schlagworte zum Thema:  Mitverschulden, Schmerzensgeld, Verkehrsrecht