Hat ein Unfallgeschädigter Anspruch auf einen Luxusmietwagen?

Darf ein unfallgeschädigter Ferrari-Fahrer die Kosten für einen Lamborghini als Mietwagen abrechnen? Oder ist es ihm zumutbar, als Mietwagen auf so profane Fahrzeugtypen wie Porsche, BMW, Audi oder Mercedes auszuweichen, um zu verhindern, dass der Preis für sein Ersatzfahrzeug exorbitant hoch ausfällt?

Ein Ferrari-Fahrer wurde in einen Unfall verwickelt, der dazu führte, dass er auf sein Fahrzeug elf Tage verzichten musste – so lange dauerten die Reparaturarbeiten. Für diese elf Tage mietete er einen Lamborghini an.

Mehr als 500 Euro Mietwagenkosten pro Tag für einen Lamborghini

Die Rechnung für den Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers betrug etwa 5.600 Euro, das entspricht einem Tagessatz von mehr als 500 Euro. Das war deutlich zu viel für den Geschmack der Versicherung. Die überwies gut 1.618 Euro. Das war die Argumentation des Haftpflichtversicherers, um die Rechnung massiv zu kürzen:

  • Der Unfallgeschädigte habe es versäumt darzulegen, wozu er während der relativ kurzen Mietdauer von elf Tagen und einer Laufleistung von insgesamt 658 Kilometer unbedingt einen Sportwagen der Spitzenklasse benötigte.
  • Er hätte auch mit einem sportiven BMW, Audi, Mercedes oder Porsche oder einer anderen Marke technisch auf hohem Niveau und beträchtlicher Reputation unterwegs sein können.

Ein derartiges Fahrzeug hätte für durchschnittlich weniger als ein Viertel des Preises angemietet werden können.

OLG Celle: Versicherung muss nicht für einen Lamborghini zahlen

Das OLG Celle gab der Versicherung recht. Der Ferrari-Eigentümer musste den Großteil der Mietwagenkosten aus eigener Tasche regulieren. Gemäß § 249 Abs. 2 BGB sind im Rahmen der Schadensregulierung diejenigen Kosten vom Schädiger zu ersetzen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich seines Fahrzeugs für erforderlich halten darf.

Zwar sei der Halter eines Pkw im Schadensfall grundsätzlich berechtigt, sich ersatzweise denselben Wagentyp oder einen vergleichbaren Wagentyp zu beschaffen. Wer einen Sportwagen fahre, dürfe deshalb im Haftpflichtschadenfall grundsätzlich einen typengleichen Sportwagen als Mietfahrzeug wählen. Das gelte allerdings nicht völlig schrankenlos.

Diese Einschränkungen gelten laut OLG bei der Wahl eines Mietwagens im Schadensfall 

  • Bei der Wahl eines Fahrzeugs muss sich der Geschädigte auf den Ausgleich der Nachteile beschränken, die nach der Verkehrsauffassung Vermögenswert besitzen.
  • Dazu gehören gute Fahreigenschaften, normaler Komfort, bequemer Sitz, Klimaanlage und eine dem Gebrauchszweck dienende besondere Einrichtung. 
  • Verzichten muss er auf den Ausgleich der Nachteile, die lediglich zweckfrei die Freude am Fahren und das äußere Erscheinungsbild betreffen bzw. durch eine besondere Luxusausstattung bedingt sind (BGH, Urteil v. 2.3.1982, VI ZR 35/80).

Für einen Geschädigten kann es deshalb zumutbar sein, sich für eine kurze Zeit mit einem weniger komfortablen Wagentyp zu begnügen, wenn ein typengleiches Fahrzeug nur für eine besonders hohe Miete zu haben sei. Genau dies sah das Gericht in diesem Fall als gegeben an.

Fraunhofer- bzw. Schwacke-Listen als maßgebliche Referenz für Mietwagenkosten

Mit dem von der Versicherung gezahlten Tagessatz von 147 Euro hätte der Ferrari-Fahrer ein Fahrzeug der höchsten Gruppen 10 und 11 nach den Fraunhofer- bzw. Schwacke-Listen anmieten können. Diese Fahrzeuge seien zwar nicht mit einem Ferrari oder einem Lamborghini vergleichbar. Doch die besonderen Fahreigenschaften eines Ferrari und dessen Ansehen stellten keine Werte dar, auf die der Kläger nicht für wenige Tage hätte verzichten können.

Fahrfreude und Prestige rechtfertigen nicht die Anmietung eines exorbitant teuren Sportwagens

Angesichts des Umstands, dass der Tagesmietpreis für ein solches Fahrzeug mehr als das Vierfache über dem Mietpreis für ein Fahrzeug aus der höchsten Fahrklasse der Fraunhofer- oder Schwacke-Listen gelegen habe, erschien es dem Gericht aus Sicht eines wirtschaftlich und vernünftig denkenden Geschädigten nicht mehr angemessen, lediglich aus Gründen der Fahrfreude und des allgemeinen Prestiges auf Kosten des Unfallverursachers einen exorbitant teuren Lamborghini anzumieten.

Diese Gesichtspunkte – Fahrfreude und Prestige – begründeten keinen ersatzfähigen materiellen Schaden, sondern stellten ideelle Werte dar, die keine Vermögenseinbuße begründen, so das Gericht.

(OLG Celle, Urteil v. 25.11.2020, 14 U 93/20).

Hintergrund: Andere Gerichte erstatten Luxus-Mietwagen jenseits der Schwacke-Liste 

Anders hat das Kammergericht Berlin (mit Urteil v. 11.07.2019 (22 U 160/17) in einem ähnlichen Fall entschieden. Danach ist für die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme eines Mietwagens durch den Geschädigten ist nicht allein die motorisierte Fortbewegung der Maßstab. Nach § 249 Abs. 1 BGB ist er so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte, weshalb ausschließlich erheblich ist, dass das für die Ausfallzeit gemietete Fahrzeug (Ferrari California T) dem beschädigten Fahrzeug (Rolls Royce Ghost) wirtschaftlich gleichwertig ist.

Zur Höhe der Miete scheide eine Orientierung an der Fraunhofer Liste aus, weil derartige Fahrzeuge dort nicht gelistet sind. In der Schwacke-Liste, die im (unteren) Luxuswagenbereich mehr als das Doppelte über den Werten der Fraunhofer-Liste liegt, sind solche der gehobenen Luxusklasse zuzurechnenden Fahrzeuge ebenso wenig aufgeführt. 

Das KG befand eine Beschränkung des Schadensersatzes für den Mietwagen auch nicht mit Blick auf die Solidargemeinschaft der Haftpflichtversicherten als erforderlich. Es sei anzunehmen, dass Halter derartiger Luxus-Fahrzeuge dem Wert dieser Fahrzeuge entsprechend in die Haftpflichtversicherung einzahlen bzw. die Solidargemeinschaft der Versicherten stützen.

Aus Deutsches Anwalt Office Premium

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