Schuld und Strafe: Sachbeschädigung als Kriegsverbrechen

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat zum ersten Mal die Zerstörung von kulturgeschichtlich bedeutsamen Bauwerken, die zum Weltkulturerbe gehören, als Kriegsverbrechen gewertet. Es verurteilte den malischen Islamisten Ahmad Al Faqi al-Mahdi wegen der Zerstörung mittelalterlicher Mausoleen und einer Moschee zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren. Menschen hatte er nicht in Gefahr gebracht oder getötet.

Ahmad Al Faqi al-Mahdi war der erste Angeklagte, der sich in der Geschichte des Internationalen Strafgerichtshofs geständig zeigte. Schon zu Beginn des Prozesses räumte er die Anklagevorwürfe ein: Er trägt die Verantwortung für eine destruktive Barbarei an Inbegriffen menschlicher Kultur. Es ist richtig, dass sich der Internationale Strafgerichtshof solcher Taten annimmt, und es ist nachvollziehbar, dass er sie als Kriegsverbrechen brandmarkt.

Unangemessen hohe Strafe?

Aber ist es noch angemessen, Sachbeschädigungen mit Sanktionen zu belegen, die in ähnlicher Schärfe schon Täter getroffen haben, die sich wegen der Tötung von Zivilisten oder ethnischer Säuberungen außerhalb der menschlichen Gemeinschaft gestellt haben?

Strafrechtliche Sanktionen können moralisch überhaupt nur dann legitim sein, wenn sie einen Sinn für Angemessenheit wahren.

Die Sanktion muss dem Unwerturteil entsprechen, das in der Zuweisung von Verantwortung durch das Gericht enthalten ist.

Wird der Täter durch die Strafe instrumentalisiert?

Unwert und Sanktion müssen einander entsprechen, weil unangemessene Sanktionen den Täter nicht mehr wegen seiner Tat, sondern aus anderen Gründen treffen und ihn damit instrumentalisieren.

Man kann über die richtige Höhe einer Strafe lange streiten. Wichtiger ist die Stimmigkeit des Gesamtsystems. Ein Rechtssystem, das - wie die Statuten des Internationalen Strafgerichtshofs - für die Zerstörung von Kulturdenkmälern Freiheitsstrafen von bis zu mehr als 30 Jahren vorsieht, wirkt in der Sanktionierung eines Genozids selbstverschuldet hilflos.

Gerade im humanitären Völkerstrafrecht, das vor dem Problem steht, wie es eigentlich die Tötung und Vertreibung Tausender angemessen sanktionieren soll, ist Zurückhaltung hehrstes Gebot, wenn weniger gravierende Tabubrüche zur Diskussion stehen. Die Benennung von Unrecht, von Tätern und Opfern ist dann wichtiger als die Härte der Sanktion.

Die zerstörten Denkmäler sind mittlerweile wieder aufgebaut. Kriegsverbrechen an Menschen, die im gleichen Konflikt geschahen, sind noch nicht vor den Internationalen Strafgerichtshof gelangt.

Schlagworte zum Thema:  Strafrecht, Strafverteidiger, Strafprozessordnung