Geschwindigkeitsüberschreitung - Offenlegung von Falldatei

Geschwindigkeitsverstöße werden in digital verschlüsselten Dateien erfasst. Diese dürfen aber keine Blackbox für die Betroffenen sein. Welche Möglichkeiten Betroffene haben, die Daten zu prüfen, hat das OLG Frankfurt zusammengefasst.

Verteidiger forderte Herausgabe der sog. Falldatei

Ein Autofahrer war zu einem Bußgeld von 240 Euro verurteilt worden, weil er die zulässige Geschwindigkeit auf einer Autobahn um 27 km/h überschritten hatte. Nach Abzug der Toleranz wurde eine Geschwindigkeit von 107 km/h ermittelt, zugelassen waren dagegen nur 80 km/h.

Im Zuge des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde forderte der Verteidiger die Herausgabe der sog. Falldatei von der Zentralen Bußgeldstelle in Kassel.

Daten in der digitalen Falldatei zusammengefasst

Vom OLG Frankfurt wurde nun erörtert, welche Rechte Betroffene haben Einsicht in die digitale Falldatei zu bekommen, die von dem jeweiligen Messgerät zur Erfassung der Geschwindigkeit erstellt wird.

Diese Falldatei ist verschlüsselt und enthält folgende Informationen: den amtlichen Messwert und das dazugehörige Messbild. Das nötige Auswertungsprogramm und der entsprechende Schlüssel waren im vorliegenden Fall – die Geschwindigkeitsüberschreitung fand in Hessen statt – bei der Zentralen Bußgeldstelle in Kassel hinterlegt.

Wie erhalten Betroffene Einsicht in die Falldatei?

Das OLG hat im konkreten Fall den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen. Die Rüge sei prozessual unzureichend. Das OLG Frankfurt nahm den Fall jedoch zum Anlass grundsätzlich zusammenzufassen, wie die Betroffenen in Hessen Einsicht in ihre Falldatei erhalten können.

Konkret äußerte sich das OLG zu den Aufgaben der Bußgeldbehörde und zum notwendigen Zugang aller Verfahrensbeteiligten.

Anforderungen an die Bußgeldbehörde:

  • Die Bußgeldbehörde müsse vor Erlass eines Bußgeldes grundsätzlich die Tragfähigkeit der Beweismittel prüfen. Dies mache sie, indem sie die digital verschlüsselte Falldatei entschlüssele und mit dem zugelassenen Auswertungsprogramm auswerte.
  • Der Messwert werde dem Objekt und dem Messbild zugeordnet und so der notwendige Kontext zwischen der gefahrenen Geschwindigkeit (amtlicher Messwert), dem Täterfahrzeug (Objekt) und dem verantwortlichen Fahrer hergestellt.

Falldatei – wer die digitalen Daten der Geschwindigkeitsmessung überprüfen darf:

  • Die Auswertung der Falldatei muss jederzeit von allen Verfahrensbeteiligten – Gericht, Staatsanwaltschaft, Betroffener, Verteidiger – zur Prüfung eigenständig wiederholt werden können.
  • Die Bußgeldstelle muss deshalb die dazu notwendigen Beweismittel – die Falldatei und die erforderlichen Hilfsmittel vorhalten. Konkret: ein zugelassenes Auswertungsprogramm und den Schlüssel.

Zwei Möglichkeiten für Temposünder die Daten zu prüfen

Von einem Bußgeldbescheid Betroffene hätten grundsätzlich zwei Möglichkeiten, ihre Rechte auch ohne einen Anwalt wahrzunehmen und die Daten zu überprüfen:

  • Erstens: Sie können einen Termin bei der Bußgeldbehörde vereinbaren und die unausgewertete Falldatei einsehen und eigenständig auswerten.
  • Zweitens können sie alternativ beantragen, dass ihnen eine lesbare Version der ausgewerteten Falldatei übersendet wird. Die Übersendung kann nur auf einem sog. „sicheren Übermittlungsweg“ nach § 32a Abs. 4 StPO erfolgen, andernfalls nur auf eigene Kosten. 

Betroffene haben also dezidiert Rechte zur Einsicht und Überprüfung. Allerdings gelte der mit einem standardisierten Messverfahren ermittelte Messwert als physikalisch zutreffend, so das OLG. Die Tatgerichte seien deshalb ohne konkrete Anhaltspunkte nicht verpflichtet zu überprüfen, ob die Messung auch richtig gewesen sei.


(OLG Frankfurt, Beschluss v. 4.3.2025, 2 Orbs 233/24)


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