BGH stärkt Informationsanspruch der Presse gegenüber Daseinsvorsorgeunternehmen
Der klagende Journalist, recherchierte über die Finanzierung des Bundestagswahlkampfs im Jahr 2013 und früherer Landtagswahlkämpfe in Nordrhein-Westfalen der SPD.
Parteiunterstützende Blogs mit öffentlichen Mitteln unterstützt?
Im Laufe dieser Recherchen verstärkte sich sein Verdacht, dass Internetblogs der SPD zu Wahlkampfzeiten indirekt durch die öffentliche Hand finanziert wurden. Dabei vermutete er u.a., dass eine Aktiengesellschaft für (Ab-)Wasser- und Energieversorgung, deren Aktienteile mehrheitlich von den Kommunen gehalten wird, die parteiunterstützenden Internetblogs „Wir in NRW“ und „Peerblog“ mit öffentlichen Mitteln mitfinanziert habe.
Hierzu soll die AG an Unternehmen, welche mit dem Blog in Verbindung standen, überhöhte Zahlungen für angebliche Vertragsleistungen erbracht haben. Der Journalist forderte daher Auskunft
- über die an die Unternehmen erteilte Aufträge,
- deren erbrachten Leistungen
- sowie die in Rechnung gestellten Vergütungen.
- Die Beklagte wies den Vorwurf der verdeckten Parteifinanzierung zurück und verweigerte das Auskunftsverlangen unter Verweis auf schützenswerte Geschäftsgeheimnisse.
Mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand = Behörde i.S.d. Presserechts
Nachdem die erste Instanz die Klage abwies, verurteilte das OLG Hamm die AG zur Auskunftserteilung ab dem Jahr 2009. Der BGH bestätigte, dass dem Journalist ein Auskunftsanspruch gem. § 4 Abs. 1 LPresseG Nordrhein-Westfalen zusteht.
Die Aktiengesellschaft sei auch auskunftspflichtige Behörde, da der presserechtliche Begriff der Behörde auch solche juristische Personen des Privatsrechts erfasse, welche von der öffentlichen Hand beherrscht werden.
Dies sei jedenfalls der Fall, wenn, wie vorliegend,
- mehr als die Hälfte der Anteile der privatrechtlich juristischen Person im Eigentum der öffentlichen Hand stehe.
- und das Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben eingesetzt würde.
Großes öffentliches Interesse an verdeckter Parteifinanzierung
Im Rahmen der Abwägung wurde dem Informationsinteresse des Klägers letztendlich ein größeres Gewicht beigemessen als dem Geheimhaltungsinteresse von Geschäftsgeheimnissen der AG, da die Öffentlichkeit ein gewichtiges Interesse im Hinblick auf die Verwendung der öffentlichen Mittel und eine parteipolitische Aktivität eines kommunalen Unternehmen habe. Abweichend von der Berufungsinstanz wurde der Auskunftsanspruch jedoch auf den Zeitraum von 2009 bis 2013 begrenzt.
Der Auskunftsanspruch bestehe nicht unbegrenzt, sondern werde durch das Erfordernis eines zeitlichen Zusammenhangs eingeschränkt, für den ein berechtigtes Informationsinteresse der Presse besteht.
(BGH, Urteil v. 16.3.2017, I ZR 13/16)
Anmerkung
Die Ausdehnung des Begriffs der „Behörde“ auf privat organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand ist wenig überraschend und entspricht der gängigen Linie in Rechtsprechung und Literatur. Ein vergleichbarer Behördenbegriff liegt im Übrigen auch den in den meisten Bundesländern verabschiedeten Informationsfreiheitsgesetzen (IFG) zugrunde.
Der BGH hat damit auch klargestellt, dass sich die öffentliche Hand ihrem Auskunftsanspruch und ihren Pflichten nicht dadurch entziehen kann, dass sie sich privater Unternehmensformen für die Erfüllung ihrer Aufgaben bedient
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