LG München

GEMA-Sieg über OpenAI – zumindest vorläufig


GEMA-Sieg über OpenAI – zumindest vorläufig

Das Training des Chatbots Chat-GPT von OpenAI mittels bekannter Songtexte ohne Genehmigung der Urheber bewertete das LG München als geistigen Diebstahl und damit als Verletzung des Urheberrechts.

Das LG München I hat der Klage der Verwertungsgesellschaft GEMA auf Unterlassung und auf Schadenersatz gegen das US Unternehmen OpenAI wegen der Verwendung urheberrechtlich geschützter Songtexte beim Training des ChatGPT-Tools weitgehend stattgegeben. Die GEMA dürfte damit ihrem Ziel nähergekommen sein, KI-Unternehmen zur Aufnahme von Lizenzverhandlungen zu zwingen, bevor sie ihre KI-Tools unter Zuhilfenahme urheberrechtlich geschützter Werke trainieren.

Klage der GEMA gegen OpenAI

Den Urhebern von Songtexten und anderen künstlerischen Werken ist das Vorgehen der Betreiber von KI-Tools, zu Trainingszwecken ohne Genehmigung der Urheber deren Werke zu nutzen, seit langem ein Dorn im Auge. Die Verwertungsgesellschaft GEMA hat den US-Anbieter OpenAI nun erfolgreich auf Unterlassung, auf Auskunft und Schadenersatz vor dem LG München in Anspruch genommen.

OpenAI nutzte bekannte Songs zu KI-Trainingszwecken

Gegenstand des vor dem LG geführten Rechtsstreits war unter anderem die Verwendung bekannter Songtexte zum Training von ChatGPT. Zu den verwendeten Songs gehörten allgemein bekannte Lieder und Schlager wie der Reinhard Mey-Song „Über den Wolken…“, der Herbert Grönemeyer-Song „Bochum“, der von Kristina Bach geschriebene Helene Fischer-Hit „Atemlos durch die Nacht“ und Kinderlieder des Liedermachers und Sängers Rolf Zuckowski „In der Weihnachtsbäckerei“ und „Wie schön, dass du geboren bist“.

KI-Training beinhaltet „Vervielfältigung“ im Sinne des Urheberrechts

Die auf das Urheberrecht spezialisierte 42. Kammer des LG München bewertete die Vorgehensweise von Open AI als Verletzung des Urheberrechts. Nach Art. 2 der EU-Richtlinie InfoSoc sei der Begriff Vervielfältigung weit zu fassen als Wiedergabe „auf jede Art und Weise und in jeder Form“. Das KI-Training erfülle diese Voraussetzung. Die Liedtexte seien reproduzierbar und in mindestens 2 Sprachmodellen der Beklagten abrufbar. Die Liedtexte ließen sich darüber hinaus als sogenannte „Outputs“ extrahieren. Die „Memorisierung“ (Speicherung) der Songs während des Trainings sei urheberrechtlich als Vervielfältigung der Liedtexte zu qualifizieren.

Mittelbare Wahrnehmbarkeit reicht aus

Die KI-Sprachmodelle beinhalten deshalb nach Auffassung der Kammer einen rechtswidrigen Eingriff in das nach § 16 UrhG geschützte Vervielfältigungsrecht der Urheber. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei für den Begriff der Vervielfältigung bereits eine mittelbare Wahrnehmbarkeit des ursprünglichen Werkes ausreichend. Diese sei hier dadurch gegeben, dass die beim Training genutzten Werke unter Einsatz technischer Hilfsmittel problemlos wahrnehmbar gemacht und von den Usern dann auch erkannt werden könnten.

KI-Training geht über erlaubtes Text und Data Mining hinaus

Das Gericht ging in seiner Entscheidung auch auf die Ausnahmebestimmungen der §§ 44b, 57 UrhG ein. Nach diesen Vorschriften ist die automatisierte Analyse von digitalen und digitalisierten Werken zum Zweck der Gewinnung von Informationen über besondere Muster und Trends – u.a. für wissenschaftliche Zwecke - zulässig. Dies gilt für die Vervielfältigung und Wiedergabe von Werken darüber hinaus auch in den Fällen, in denen diese lediglich unwesentliches Beiwerk des eigentlichen Gegenstandes der Vervielfältigung sind. Diese Ausnahmen sind nach der Bewertung der Kammer hier nicht einschlägig, denn sie setzen voraus, dass durch die automatisierten Auswertungen und Informationen keine Verwertungsinteressen der Urheber berührt werden. Dies sei hier aber gerade der Fall, denn das Vorgehen der Beklagten beinhalte einen unmittelbaren Eingriff in das Verwertungsrecht der Rechteinhaber.

Open-AI hat keine Persönlichkeitsrechte der Urheber verletzt

In einem Punkt hatte die Klage der GEMA keinen Erfolg. Soweit sie Ansprüche wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Urheber wegen fehlender Zuschreibung der veränderten Liedtexte an die jeweiligen Urheber geltend gemacht hat, wurde die Klage abgewiesen.

Rechtsmittel noch möglich

Die Entscheidung des LG stärkt die Rechte der Urheber und wird von Verlagen, Journalisten, Fotografen, Musikern und anderen Kreativen begrüßt. Das Urteil hat weitreichende Bedeutung, ist aber noch nicht rechtskräftig. Die Einlegung eines Rechtsmittels seitens OpenAI erscheint als nicht unwahrscheinlich.


(LG München I, Urteil v. 11.11.2025, 42 O 14139/24)


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