BGH

Nachbarrechtsstreit um 6 m hohe Bambushecke


Nachbarrechtsstreit um 6 m hohe Bambushecke

Die Begrenzungshecke zu einem Nachbargrundstück darf beliebig hoch sein, soweit sie den nach Landesrecht vorgeschriebenen Mindestabstand einhält. Die Einordnung als Hecke richtet sich nach der Verkehrsanschauung.

Wie hoch darf eine Hecke an der Grenze zum Nachbargrundstück sein? Nach welchen Kriterien ist zu bestimmen, ob eine Hecke eine Hecke ist? Sind Bambusgewächse heckentauglich? Mit diesen Fragen hat sich der BGH in einem Nachbarschaftsrechtsstreit auseinandergesetzt.

Bambushecke wurde höher und höher

Eine Grundstückseigentümerin in Hessen hatte an der Grenze zum Nachbargrundstück Bambus gepflanzt. Die Bambuspflanzen wuchsen über die Jahre zu einer stolzen Höhe von 6–7 m heran. Dies empfand der Nachbar als Beeinträchtigung seines Grundstückseigentums und verlangte einen Rückschnitt auf 3 m.

Können Bambuspflanzen eine Hecke sein?

In dem bis zum BGH geführten Rechtsstreit der Nachbarn befasste sich der für das Nachbarrecht zuständige V. Senat zunächst mit der Frage, was genau eine Hecke ausmacht. Der Kläger argumentierte, dicht nebeneinanderstehende Pflanzen seien nur dann als Hecke zu qualifizieren, wenn sie regelmäßig gepflegt und zurückgeschnitten würden. Bis zu 7 m wild hochgewachsene Bambuspflanzen, die nicht gepflegt und geschnitten würden, erfüllten nicht die Qualität einer Hecke im Sinne des Nachbarrechts. Außerdem seien Bambuspflanzen botanisch gesehen keine Sträucher, sondern Gräser und auch deshalb nicht als Hecke zu qualifizieren.

Begriff der Hecke richtet sich nach der Verkehrsanschauung

Der BGH folgte dieser Argumentation nicht. Der Begriff der Hecke richte sich nach der allgemeinen Verkehrsanschauung. Bei der Qualifizierung als Hecke komme es nicht auf die botanische Zuordnung an, sondern darauf, ob die Anpflanzung einen einheitlich geschlossenen Eindruck vermittelt und eine Dichte erreicht, dass sie eine Höhen- und Sichtbegrenzung darstellt.

Landesrechtliche Nachbarrechtsvorschriften sind entscheidend

Ein Anspruch auf Rückschnitt einer Hecke kann dem Nachbarn nach der Entscheidung des BGH in den Fällen zustehen, in denen der nach den landesrechtlichen Vorschriften des Nachbarrechts vorgeschriebene Grenzabstand zum Nachbargrundstück nicht eingehalten wird. In diesen Fällen könne dem Nachbarn aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Beseitigung der Eigentumsstörung erwachsen. Die konkrete Beurteilung habe auf der Grundlage der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zu erfolgen. Der hier maßgebliche § 43 Abs. 2 des hessischen Nachbarrechtsgesetzes sehe für Hecken bei Unterschreiten des zulässigen Grenzabstandes einen solchen Anspruch auf Rückschnitt ausdrücklich vor.

Bei Wahrung des Grenzabstandes darf Hecke beliebig hoch sein

Wird der nach dem einschlägigen landesrechtlichen Nachbarrechtsgesetz vorgeschriebene Mindestabstand eingehalten und enthält das Nachbarrecht ansonsten keine ausdrückliche Vorschrift zur zulässigen Höhe, so gilt nach der Entscheidung des BGH für die Höhe einer Hecke keine rechtliche Begrenzung. Das hessische Nachbarrecht mache Vorgaben zur erlaubten Höhe einer Hecke nur für den Bereich von 0,75 m bis zur Nachbargrenze. Bei Einhaltung dieses Abstandes dürfe eine Hecke daher beliebig hoch sein.

Begriff der Hecke enthält keine Höhenbegrenzung

Der erstinstanzlich vom LG und auch sonst teilweise in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dem Begriff der Hecke sei nach allgemeinem Rechtsempfinden eine Höhenbegrenzung immanent, erteilte der Senat eine Absage. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch seien das natürliche Erscheinungsbild eines geschlossenen Eindrucks sowie die Abgrenzungs- und Schutzfunktion der betreffenden Bepflanzung entscheidend für die Einordnung als Hecke, nicht aber deren Höhe. Die im konkreten Fall erreichte Höhe von 6-7 m führe nicht dazu, dass die Bepflanzung von der Allgemeinheit nicht mehr als Hecke wahrgenommen werde.

Keine außergewöhnliche Beeinträchtigung durch Bambushecke

Auch ein Rückgriff auf das Rechtsinstitut des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses führt nach Auffassung des BGH im konkreten Fall nicht zu einem Anspruch des Klägers auf Rückschnitt der hochgewachsenen Bambushecke. Diese Rechtsfigur findet nur Anwendung bei ungewöhnlich schweren und schlechterdings nicht hinzunehmenden Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks. Eine solche schwerwiegende Beeinträchtigung sei bei einer 6-7 m hohen Bambushecke nicht erkennbar.

Berufungsgericht muss noch Grenzabstand klären

Trotz dieser eindeutigen rechtlichen Einschätzung des BGH, muss die Vorinstanz erneut über den Fall entscheiden. Der Senat rügte, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Abstand der Hecke von der Grundstücksgrenze getroffen hat. Die Zulässigkeit einer beliebigen Höhe der Hecke setze voraus, dass die Bepflanzung den nach dem hessischen Nachbarrecht erforderlichen Grenzabstand von 0,75 m einhalte. Hierzu muss das OLG noch die erforderlichen Feststellungen treffen.

(BGH, Urteil v. 28.3.2025, V ZR 185/23)

Hintergrund

Nach der Entscheidung des BGH kommt es für die Beurteilung der Zulässigkeit der Höhe einer Hecke auf die jeweiligen landesrechtlichen Nachbarrechtsvorschriften an. Diese sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich:

  • In Nordrhein-Westfalen müssen Hecken von über 2 m Höhe einen Grenzabstand von mindestens 1 m zum Nachbargrundstück einhalten, gemessen von der dem Nachbarn zu gekehrten Seitenfläche der Hecke.
  • In Baden-Württemberg dürfen Hecken bis zu einem Abstand von 0,50 m zur Grundstücksgrenze maximal 1,80 m hoch sein, für größere Abstände gilt eine Staffelung.
  • In Bayern besteht ab 2 m Grenzabstand keine Höhenbegrenzung. Ein Anspruch auf Rückschnitt existiert nicht. Allerdings hat der Nachbar das Recht, Pflanzen die zu nah an seinem Grundstück stehen, zu entfernen.

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