Sind die Bonus-Apps der Discounter kostenlos?

Verbraucherverband scheiterte mit seiner Klage gegen die Bewerbung der Lidl-Plus-App als „kostenlos“. Das Abgreifen persönlicher Daten durch Lidl macht die App laut OLG nicht kostenpflichtig.

Das OLG Stuttgart hatte sich in einem vom Bundesverband der Verbraucherzentralen eingeleiteten Klageverfahren mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Nutzung der Lidl-Plus-App für Verbraucher mit Kosten verbunden ist oder nicht.

Nutzung der Lidl-Plus-App nur bei Bereitstellung persönlicher Daten

Der Lebensmitteldiscounter Lidl bietet - ebenso wie andere Discounter - seinen Kunden eine spezielle App an (Lidl-Plus-App), die ihnen den Einkauf bestimmter Waren zu besonders günstigen Preisen, die Teilnahme an Sonderaktionen sowie den Erhalt personalisierter Produktinformationen ermöglicht. Nach Angaben von Lidl wird die App weltweit von mehr als 100 Mio. Kunden genutzt. Die Nutzung setzt voraus, dass die Verbraucher die App auf ihrem Smartphone installieren und ihre persönlichen Daten eingeben. Die online abrufbaren, einen 18 Seiten langen Text umfassenden Teilnahmebedingungen von Lidl informieren den Kunden darüber, welche Daten erhoben, gespeichert und genutzt werden. Gleichzeitig bezeichnet der Discounter die Nutzung der App dort als „kostenlos“.

Lidl auf Unterlassung verklagt

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) verklagte Lidl auf Unterlassung der Bewerbung der Lidl-Plus-App mit dem Attribut „kostenlos“. Nach Auffassung des vzbv ist die App nicht kostenlos. Die Verbraucher bezahlten zwar nicht mit Geld, aber mit der Preisgabe ihrer persönlichen Daten. Dies sei eine Gegenleistung, die dem Discounter in Form der Verwendung der Daten für Marketingzwecke einen geldwerten Vorteil verschaffe. Die Verwendung des Begriffs kostenlos sei in diesem Zusammenhang irreführend. Außerdem verstoße Lidl mit seinem Angebot gegen die Verpflichtung zur Angabe des Gesamtpreises.

Die Bereitstellung von Daten ist kein „Preis“ für die Nutzung der App

Das OLG Stuttgart teilte die Ansicht der Verbraucherschützer nicht. Nächst sei Lidl weder nach der Preisangabenverordnung noch gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr.5 EGBGB zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet. Diese Vorschriften kämen hier nicht zur Anwendung, da die Kunden nicht zur Zahlung eines Preises verpflichtet seien. In Übereinstimmung mit dem europäischen Recht sei auch im nationalen Recht unter „Preis“ ein zu zahlender Geldbetrag und nicht eine irgendwie geartete andere Gegenleistung wie die Bereitstellung persönlicher Daten zu verstehen. Die Verpflichtung zur Angabe des Gesamtpreises solle den Verbraucher vor versteckten Kosten schützen. Dies mache keinen Sinn, wenn der Verbraucher zu keinerlei Geldzahlung verpflichtet sei.

„Kostenlos“ bedeutet nicht ohne jede Gegenleistung

Ähnliche Überlegungen stellte das OLG zu dem Begriff „kostenlos“ an. Diese Formulierung werde sowohl rechtlich als auch in der Praxis von Verbraucherseite so verstanden, dass für die Nutzung der App kein Geldbetrag zu zahlen sei. Der verständige Verbraucher gehe aber nicht davon aus, dass die Nutzung der App mit keinerlei Gegenleistung von seiner Seite verbunden ist. Daher verschleiere Lidl durch Verwendung des Begriffes „kostenlos“ auch nicht, dass der Verbraucher eine Gegenleistung in Form der Bereitstellung von personenbezogenen Daten erbringen muss.

Keine Irreführung der Verbraucher

Der Begriff „kostenlos“ enthält nach der Entscheidung des OLG auch keine Irreführung der Verbraucher, die die App nutzen. Dem überwiegenden Teil der Verbraucher sei bewusst, dass ihre Daten von Lidl für die Auswertung des Verbraucherverhaltens und für künftige Werbeaktionen genutzt würden. Im Ergebnis verwende die Beklagte den Begriff „kostenlos“ entsprechend der allgemeinen Verkehrsauffassung und täusche den Verbraucher damit auch nicht im Sinne von §§ 3, 5, 5a UWG in unlauterer Weise.

Das letzte Wort hat wohl der BGH

Das OLG hat gegen die Entscheidung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum BGH zugelassen. Der vzbv hat bereits angekündigt, von dieser Option Gebrauch zu machen. Der BGH dürfte also über die Frage entscheiden, ob eine Bonus-App - wie sie von den meisten Discountern verwendet wird - auch dann kostenlos ist, wenn Verbraucher als Gegenleistung ihre persönlichen Daten zur Verfügung stellen müssen.


(OLG Stuttgart, Urteil v. 23.9.2025, 6 UKl 2/25)


Schlagworte zum Thema:  Recht , Verbraucherschutz