Diebstahl oder nicht? Was Versicherte nachweisen können müssen

Kann ein Versicherter nicht mit Tatsachen punkten, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf einen Diebstahl hinweisen, kann er von seiner Kaskoversicherung keine Leistung erwarten.

Ein Autohändler meldet bei der Polizei den Diebstahl eines kombinierten Navi-Informationssystems aus der Mittelkonsole eines Fahrzeugs. Von der Kaskoversicherung verlangt er den Ersatz des Schadens in Höhe von 5.768 Euro.

Widersprüchliche Angaben

Nach Schilderung des Autohändlers hat dieser das Fahrzeug gegenüber seinem Haus in der dort gelegenen Parkbucht abgestellt. Doch schon bei dieser Aussage fingen die Ungereimtheiten an: Zunächst hatte der Kfz-Händler angegeben, das Fahrzeug in der Nacht vom 14. Auf den 15. Juni 2013 gegen Null Uhr in der Parkbucht abgestellt zu haben.

In der mündlichen Aussage vor dem Landgericht war er sich dann „ganz sicher“ das Auto gegen 18 Uhr abgestellt und dann nicht mehr bewegt zu haben. Dem OLG Hamm wurde dann eine dritte Variante präsentiert: Er habe das Fahrzeug zuerst in der Einfahrt vor seinem Haus und erst später in der besagten Parkbucht geparkt. In Kombination mit Zeugenaussagen würde das darauf hinweisen, dass er das Fahrzeug erst gegen 19 oder 20 Uhr in der Parkbucht abgestellt habe.

OLG: Minimalsachverhalt nicht bewiesen

Die Folge dieser widersprüchlichen Darstellung des vermeintlich Bestohlenen: Das OLG konnte sich keine ausreichende Überzeugung davon bilden, zu welchem Zeitpunkt das Fahrzeug abgestellt wurde. Darin sah das OLG allerdings den vom Kläger zu beweisenden Minimalsachverhalt. Nach Einschätzung des Gerichts konnte der Autohändler nicht beweisen, dass er das unbeschädigte Fahrzeug am fraglichen Abend überhaupt vor seinem Haus abgestellt hatte.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war das OLG nicht davon überzeugt, dass ein Versicherungsfall vorliegt.

Anforderungen im Falle eines Diebstahls für Versicherungsnehmer nicht hoch

Zwar seien an den Nachweis einer Entwendung von Teilen eines versicherten Fahrzeugs keine strengen Anforderungen zu stellen, um den Versicherungsschutz nicht zu entwerten. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH genügt es daher,

  • dass Tatsachen feststehen, aus denen sich das äußere Bild eines Diebstahls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschließen lässt.
  • Diese Beweisregelung gilt entsprechend für die Entwendung von Teilen aus einem abgestellten Fahrzeug.

Der Versicherungsnehmer muss aber nach Überzeugung des Gerichts gemäß § 286 ZPO nachweisen, dass er das Fahrzeug mit den von ihm als entwendet behaupteten Fahrzeugteilen an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit unbeschädigt und verschlossen abgestellt und später an diesem Ort ohne diese wieder aufgefunden hat (OLG Hamm, Urteil v. 20.07.2015, 20 U 114/15).

Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers

Das Mindestmaß an Tatsachen, aus denen sich das äußere Bild eines gemäß den Versicherungsbedingungen entwendeten Fahrzeugs erschließen lässt, kann zwar grundsätzlich auch dadurch bewiesen werden, dass

  • das Gericht allein den Angaben des klagenden Versicherungsnehmers Glauben schenkt und
  • sich im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO die Überzeugung von der tatsächlichen Entwendung eines Fahrzeugs verschafft, wobei
  • grundsätzlich von der Vermutung der Redlichkeit des Versicherungsnehmers auszugehen ist.

Zweifel an der Redlichkeit des Versicherungsnehmers

Von einem redlichen Versicherungsnehmer kann aber dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, aufgrund derer sich schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers und an der Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptungen aufdrängen, so wie im vorliegenden Fall durch die widersprüchliche Darstellung des Klägers.

Fazit: Der Autohändler hat keinen Anspruch auf Entschädigung, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststeht, dass ein Versicherungsfall gemäß A.2.1 AKB vorliegt.

(OLG Hamm, Urteil v. 26.10.2016, 20 U 197/15)

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