Leitsatz (amtlich)

Wechselnder und teilweise widersprüchlicher Vortrag des Versicherungsnehmers kann die Redlichkeitsvermutung entfallen lassen.

 

Normenkette

AKB A. 2.2.2; VVG § 1

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 30.07.2015; Aktenzeichen 115 U 31/14)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 30.07.2015 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 5.768,62 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht wegen einer behaupteten Entwendung mehrerer Fahrzeugteile Entschädigungsansprüche aus einer Kaskoversicherung geltend.

Der Kläger meldete am 15.06.2013 gegen 8:30 Uhr bei der Polizeiwache B die Entwendung u.a. eines kombinierten Navigations-/Informationssystems aus der Mittelkonsole des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs. Laut Strafanzeige gab er an, das Fahrzeug um 0:00 Uhr gegenüber seines Hauses V C 2 in H in der dortigen Parkbucht abgestellt zu haben. Am Morgen des 15.06.2013 befand sich der Pkw in der geschilderten Parkbucht mit geöffnetem Schiebedach. Die Armaturen rechts neben dem Lenkrad waren offen gelegt. Die ermittelnden Polizeibeamten konnten keinerlei Hinweise auf ein gewaltsames Eindringen in das Fahrzeug oder Hineinklettern durch das Schiebedach feststellen.

Der Kläger hat den Ersatz eines Betrages in Höhe von 5.768,62 EUR begehrt. Er hat behauptet, er habe das Fahrzeug verschlossen abgestellt, auch das Schiebedach sei geschlossen gewesen.

Die Beklagte hat dies bestritten.

Das LG hat die Klage nach persönlicher Anhörung des Klägers und Vernehmung der Zeugen X und E abgewiesen mit der Begründung, der Kläger habe nicht bewiesen, dass es in der angeblichen Tatzeit zu einem Diebstahl von Teilen aus dem versicherten Fahrzeug gekommen sei. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger habe den wegen der sonst drohenden Entwertung des Versicherungsschutzes in der Regel ausreichenden Minimalsachverhalt zwar vorgetragen, jedoch nicht bewiesen. Er habe unterschiedliche Angaben zur Abstellzeit gemacht, insbesondere stünden seine Angaben zum Abstellort in Widerspruch zu den glaubhaften Angaben der Zeugin X.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Er rügt die Wertung, dass nach der Beweisaufnahme die Minimaltatsachen nicht bewiesen sein sollen. Weiter erkenne er keinerlei Widersprüche in seinen Angaben zu der Aussage der Zeugin X. Auf etwaige Widersprüche sei er nicht hingewiesen worden, so dass es sich um eine Überraschungsentscheidung handele. Weiter bestätige die Zeugin X nunmehr, dass die Parkbucht gegenüber des Hauses des Klägers der Abstellort gewesen sei, den sie in der Vernehmung bezeichnet habe.

Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Münster vom 30.07.2015 (Az. 115 O 31/14) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.768,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft hierzu ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung wegen der Entwendung des Navigationssystems und der Beschädigung des Fahrzeugs infolge der Entwendung gem. § 1 VVG i.V.m. A. 2.2.2 AKB.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass ein Versicherungsfall gemäß A. 2.1 AKB vorliegt.

Zwar sind an den Nachweis einer Entwendung von Teilen des versicherten Fahrzeugs keine strengen Anforderungen zu stellen, um den Versicherungsschutz nicht zu entwerten. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH genügt es daher, dass Tatsachen feststehen, aus denen sich das äußere Bild eines Diebstahls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschließen lässt (vergleiche BGH, NJW 1996, S. 993 ff.; BGH, Versicherungsrecht 1984, S. 29 ff.). Diese Beweisregelung gilt entsprechend für die Entwendung von Teilen des abgestellten Fahrzeugs (OLG Hamm, Urteil v. 08.02.2012, 20 U 172/11- juris-). Der Versicherungsnehmer muss zur Überzeugung des Gerichts gemäß § 286 ZPO nachweisen, dass er das Fahrzeug mit den vom ihm als entwendet behaupteten Fahrzeugteilen an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit unbeschädigt und verschlossen abgestellt und später an diesem Ort ohne diese wieder aufgefunden hat (OLG Hamm, Urteil v. 20.07.2015, 20 U 114/15 -juris-).

Soweit der Kläger Zeugen dafür benannt hat, dass er das Fahrzeug unbeschädigt und verschlossen am Abend in einer Parkbucht gegenüber von seinem Haus abgestellt hat, so konnte dies weder vom Zeugen E noch von der Zeugin X bestätigt werden.

Der Zeuge E hat ausgesagt, dass er gesehen habe, dass der Kläger, nachdem er mit diesem zu seinem Haus gefahren sei, das Fahrzeug halb schräg, mit dem Heck noch ...

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