BGH hat wieder Preisklauseln einer Sparkasse gekippt
Kunden der Sparkasse Freiburg mussten in der Vergangenheit für nicht wenige Leistungen extra zahlen und das teilweise nicht zu knapp. Wurde eine SEPA-Lastschrift nicht eingelöst und der Kunde hierüber schriftlich benachrichtigt, so verlangte die Sparkasse allein für die Benachrichtigung eine Gebühr von 5 Euro. Auch die Aussetzung und Löschung eines Dauerauftrages kostete extra, ein besonderes Pfändungsschutzkonto konnte bis zu sieben Euro monatlich kosten.
Sparkasse verweist auf Einnahmeeinbußen durch Niedrigzinsen
Die Sparkasse begründete die Zusatzgebühren unter anderem mit der derzeitigen Niedrigzinspolitik. Eine Bank oder Sparkasse müsse wirtschaftlich handeln. Wenn in Ermangelung von Zinseinnahmen das Budget der Sparkasse schrumpfe, müsse sie für bestimmte Leistungen, die insbesondere mit hohem Personalaufwand verbunden seien, die entstandenen Kosten vom Kunden einfordern dürfen.
Jährlich 2 Milliarden Euro zu viel
Verbraucherschützer sehen das natürlich anders. Sie rechnen vor, dass für ein Girokonto jährlich durchschnittlich Gebühren in Höhe von 200 Euro anfallen. Hiervon würden 10 % auf Leistungen entfallen, die von Rechts wegen gebührenfrei zu erbringen seien. Insgesamt schätzen Verbraucherschützer diese rechtswidrig erhobenen Bankentgelte auf ca. 2 Milliarden Euro jährlich
Happige Extraentgelte
Im Fall der Sparkasse Freiburg beanstandete der klagende Verbraucherschutzverein folgende von der Sparkasse Freiburg nach ihren AGB fälligen Entgelte:
- 5 Euro bei berechtigter Ablehnung der Einlösung einer SEPA-Lastschrift;
- 5 Euro für die Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung einer Einzugsermächtigung oder einer Abbuchungsauftragslastschrift bei fehlender Deckung;
- 5 Euro für die Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung einer Überweisung innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) in Währungen eines Staates außerhalb des EWR;
- sowie bei Ablehnung von Überweisungen in Staaten außerhalb des EWR (Drittstaaten) mangels Deckung;
- 2 Euro für Aussetzung oder Löschung eines Dauerauftrages (bis 1. Juli 2013);
- 7 Euro monatlich für die Führung eines Pfändungsschutzkontos (bis 13.12.2012);
- 5 Euro für die Änderung oder Streichung einer Wertpapier-Order
Sparkasse unterliegt auf ganzer Linie
Wie schon die Vorinstanz gab auch der BGH der Klage des Verbraucherschutzvereins auf Unterlassung in vollem Umfange statt. Nach dem Spruch des Senats beinhalten die Klauseln eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung der §§ 675 f Abs. 4 Satz 2, 675 o Abs. 1 Satz 4 BGB.
- Nach diesen Vorschriften könne ein Zahlungsdienstleister ausnahmsweise ein Entgelt für die Benachrichtigung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung einer SEPA-Lastschrift, einer Einzugsermächtigung oder eines Abbuchungsauftrags grundsätzlich mit dem Kunden vereinbaren.
- Die Höhe müsse allerdings an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.
- Dabei müssten die Kosten für die Entscheidung über die Ausführung eines Zahlungsauftrages als solche außer Betracht bleiben, weil die Berücksichtigung dieser Kosten sich weder mit dem Gesetzeswortlaut noch mit den rechtlichen Vorgaben der EU-Zahlungsdiensterichtlinie in Einklang bringen ließen.
- Die Sparkasse selbst habe erhebliche Kostendispositionen vorgetragen, die nicht mit der Unterrichtung des Kunden, sondern mit ihrer Entscheidung über die Ausführung eines Auftrages als solcher in Zusammenhang stünden.
- Für die Aussetzung eines Dauerauftrages dürfe die Bank überhaupt kein Entgelt erheben. Bei Aussetzung oder Löschung eines Dauerauftrages handelt sich nach Auffassung des Senats rechtlich um einen Widerruf, den die Bank im eigenen geschäftlichen Interesse tätige. Ein solcher Widerruf habe immer unentgeltlich zu erfolgen.
- Die Vereinbarung einer Gebühr für die Führung eines Pfändungsschutzkontos unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des Senats der Inhaltskontrolle (BGH, Urteil v. 13.11.2012, XI 500/11) und hielt dieser im konkreten Fall nicht stand.
Die seitens des Verbraucherschutzvereins beanstandeten Zusatzgebühren erfüllten nach Auffassung des Senats sämtlich die rechtlichen Voraussetzungen nicht.
Sonderfall: Streichung einer Wertpapierorder
Für die Streichung einer Wertpapierorder kann der die Sparkasse nach Auffassung des Senats ebenfalls keine Gebühr verlangen. Hier wälze die Sparkasse in unzulässiger Weise den Aufwand der Erfüllung einer ihr obliegenden gesetzlichen Pflicht auf den Kunden ab. Erfolge der Erwerb von Wertpapieren durch eine Bank im Kundenauftrag im Wege des Kommissionsgeschäfts, so sei es Inhalt der Hauptleistungspflicht, dem Auftrag des Kommittenten entsprechende Kaufverträge abzuschließen. Bei Streichung der Wertpapierorder bestehe diese Verpflichtung nicht fort und könne daher nicht Gegenstand einer zu vergütenden Hauptleistung sein.
Urteil gilt auch für bereits gestrichene Klauseln
Die Sparkasse Freiburg hatte einige der beanstandeten Klauseln bereits seit längerem aus ihren AGB gestrichen. Der BGH hielt den Unterlassungsanspruch der Verbraucherschützer aber auch insoweit für gerechtfertigt, da die Sparkasse es unterlassen hatte, einen endgültigen Verzicht auf solche Klauseln zu erklären. Aus diesem Grunde sah der BGH die Gefahr einer Wiederholung und beugte dieser durch Einbeziehung auch dieser Klauseln in sein Urteil vor.
(BGH, Urteil v. 12.9.2017, XI ZR 590/15)
Sparkasse begrüßt Klarstellung durch den BGH
Erstaunlicherweise begrüßten die Verbraucherschützer und die Sparkasse das Urteil gleichermaßen, die Verbraucherschützer weil der BGH ihnen Recht gegeben hat, die Sparkasse, weil das Urteil die notwendigen Klarstellungen enthalte. Die Sparkasse wies insbesondere darauf hin, dass der BGH nicht grundsätzlich untersagt habe, für bestimmte Leistungen Entgelte zu erheben. Der BGH habe im wesentlichen geurteilt, dass Entgelte an den tatsächlich anfallenden Kosten auszurichten seien. Im Grunde genommen bedeute das Urteil daher nur, dass die Kostenstruktur der besonderen Entgelte an den tatsächlichen Kosten zu orientieren und anzupassen sein. Dies werde man kurzfristig tun.
Ab 1.1.2018 gelten neue Regelungen
Banken und Sparkassen müssen in Deutschland ohnehin demnächst ihre Klauseln und Geschäftsbedingungen sowie die darin enthaltenen Entgelte an die 2. EU-Zahlungsdiensterichtlinie anpassen, die ab 1.1.2018 auch in Deutschland gilt.
Hinweis: Betroffene Sparkassenkunden können sämtliche seit dem 1.1.2014 aufgrund dieser Klauseln erhobene Gebühren von ihrer Sparkasse zurückverlangen (dreijährige Verjährungsfrist). Die Stiftung Warentest weist ausdrücklich darauf hin, dass die Sparkassen in solchen Fällen in der Regel ihren Kunden die Gebühren nicht freiwillig zurückerstatten, sondern nur auf Anforderung. Auf rechtswidrig einbehaltene Gebühren kann der Kunde Zinsen verlangen, in der Regel 5 % über dem Basiszinssatz.
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