Arzthaftung: Grober Behandlungsfehler – trotzdem keine Entschädig

Profikicker werden oft beneidet, haben es aber auch nicht immer leicht. Mit einer viel beachteten Entscheidung hat das OLG Koblenz die Schadensersatzklage eines Profifußballers gegen einen Arzt trotz eines eindeutig nachgewiesenen medizinischen Behandlungsfehlers abgewiesen.

Während eines Fußballspiels geriet der Kläger in einen heftigen Zweikampf. Hierbei stürzte der Mitspieler so unglücklich, dass er mit seinen Schneidezähnen eine klaffende Wunde am Knie des Klägers verursachte. Der erstbehandelnde Arzt vernähte die Wunde und überwies den Kläger zur weiteren Untersuchung in ein Krankenhaus.

Profikarriere am Ende

Der dortige Arzt empfahl eine Wiedereröffnung der Naht zur Durchführung einer antibiotischen Therapie. Dem Sportler reichte eine Naht, es verweigerte sich der ärztlichen Empfehlung. Eine folgenschwere Fehlentscheidung, wie sich später herausstellte. Die Wunde entzündete sich, was in der Folge zu einem irreparablen Knieschaden führte, der die Profikarriere des Sportlers von heute auf morgen beendete.

Wegen fehlerhafter Behandlung verlangte der Sportler vom Erstbehandler Ersatz des Verdienstausfalls, den er mit 1,33 Mio € bezifferte, eine monatliche Rente von 200,- € sowie 75 000,- € Schmerzensgeld.

Eindeutiger Behandlungsfehler

Das erstinstanzlich mit der Sache befasste LG erkannte in der Erstversorgung der Wunde keinen Behandlungsfehler, weil der erstbehandelnde Arzt zur Sicherheit die Überweisung in ein Krankenhaus zur Nachversorgung veranlasst hatte. Dies sahen die Richter des OLG anders. Die Tatsache, dass eine menschliche Bissverletzung zu erheblichen Wundinfektionen führen könne, gehöre zum medizinischen Grundwissen.

Auch im Rahmen einer Erstversorgung sei daher bereits eine antibiotische Versorgung der Wunde „de lege artis“ geboten gewesen. Das Unterlassen dieser Maßnahme stelle einen groben Behandlungsfehler dar, der auch kausal für den späteren irreparablen Knieschaden geworden sei.

Unverantwortliches Handeln des Klägers führte zur Schädigung

Nach Auffassung des OLG-Senats hat der Kläger allerdings selbst eine weitere Ursache für den eingetreten Knieschaden gesetzt. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen habe er sich der Empfehlung des behandelnden Krankenhausarztes, eine antibiotische Versorgung der Wunde nachzuholen, widersetzt. Dies sei umso unverständlicher, als der Krankenhausarzt ihn eindringlich auf die möglichen Folgen einer Nichtversorgung hingewiesen habe. Durch Verweigerung der Nachbehandlung habe er sehenden Auges eine wesentliche Mitursache für die irreparable Knieschädigung gesetzt.

Behandlungsfehler tritt als Ursache zurück

Nach Auffassung der OLG-Richter steht bei wertender Betrachtungsweise die Verweigerung der antibiotischen Nachbehandlung durch den Kläger im Hinblick auf die eingetretenen Folgen im Vordergrund. Die Knieschädigung hätte durch eine verhältnismäßig einfache Maßnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden können. Diese Eigenverantwortlichkeit des Klägers lasse das Verschulden des erstbehandelnden Arztes in einer Weise in den Hintergrund treten, dass dessen Haftung entfalle. Der Sportler ging daher komplett leer aus. 

(OLG Koblenz, Beschlüsse v. 27.06.2012 und 27.08.2012, 5 U 1510/11).