Geldwäschebekämpfung verdrängt die anwaltliche Schweigepflicht

Seit Oktober 2020 besteht nach dem Geldwäschegesetz eine Meldepflicht u.a. für Anwälte und Notare, wenn ihnen im Immobilienbereich in Bezug auf Geldwäsche etwas auffällig erscheint. Ein Berliner Anwalt und Notar wehrt sich gerichtlich dagegen und beruft sich dabei auf seine Verschwiegenheitspflicht.

Verhinderung von Geldwäsche zur Bekämpfung organisierter Kriminalität

Das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten, kurz Geldwäschegesetz (GwG), soll verhindern, dass Unternehmen für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht werden. Illegal erwirtschaftetes Vermögen soll nicht unentdeckt in den legalen Wirtschaftskreislauf eingeschleust werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen möglichst viele mithelfen.

Meldepflichtige und Meldestelle nach dem Geldwäschegesetz

Das GwG spricht von den „Verpflichteten“, die besondere Aufmerksamkeit walten lassen und Auffälligkeiten melden sollen. Dazu gehören alle möglichen Berufsgruppen und Unternehmen, z.B.

  • Kreditinstitute,
  • Versicherer,
  • Immobilienmakler,
  • Anwälte,
  • Notare,
  • Wirtschaftsprüfer
  • und Steuerberater (§ 2 GwG).

Zu informieren ist die Financial Action Task Force, die Zentralstelle für Finanztransaktionen (FIU).

Besonders anfälliger Bereich für Geldwäsche: Immobilientransaktionen

Für den Bereich der Immobilientransaktionen gilt seit 1.10.2020 eine spezielle Meldepflichtverordnung (GwGMeldV-Immobilien) für Rechtsanwälte, Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte und Notare sowie für Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuervereine. Sie konkretisiert die Tatbestände, die von diesen Berufsträgern zu melden sind. So muss die FIU z.B. bei einem Bezug zu gelisteten Risikostaaten oder bei Auffälligkeiten bei Preis, Kauf- oder Zahlungsmodalitäten informiert werden.

Berliner Anwalt und Notar argumentiert mit Nichtvereinbarkeit mit Verschwiegenheitspflicht

Ein Anwalt und Notar aus Berlin strengte per Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Berlin ein Verfahren an. Er wollte entschieden haben, dass er von diesen Meldepflichten befreit ist, und zwar weil sie mit seinem Berufsethos, sprich seiner Verschwiegenheitspflicht kollidieren. Er will schlicht seine Mandanten nicht „verpfeifen“ müssen, wenn er ein faules Geschäft wittert.

Verordnung beschränkt Meldepflicht auf genau umrissene Anhaltspunkte

Dass anwaltliche Verschwiegenheitspflicht und Meldepflicht sich nicht gut vertragen, hatte – so ergibt es sich aus der Begründung - auch der Verordnungsgeber gesehen. Nur bei den ganz konkret umrissenen Konstellationen, bei denen sich der Verdacht auf Geldwaschaktionen quasi aufdrängt, wurde deshalb eine Pflicht zur Meldung angeordnet. In allen nicht genannten Fällen behält die Verschwiegenheitspflicht den Vorrang.

Bei meldepflichtigen Anhaltspunkten ist Geldwäscheverhinderung wichtiger als Berufsfreiheit

Das VG Berlin hat der Verordnung „grünes Licht“ gegeben. Bei den meldepflichtigen Tatbeständen schlägt nach seiner Ansicht der Zeiger an der Waage zugunsten des öffentlichen Interesses an einer effektiven Geldwäschebekämpfung aus. Der damit verbundene Eingriff in die anwaltliche Berufsfreiheit müsse dahinter zurückstehen.

(VG Berlin, Beschluss v. 5.2.2021, VG 12 L 258/20).

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Hintergrund: Anwaltschaftliche Verschwiegenheitspflicht

Die in § 43a Abs. 2 BRAO normierte Verschwiegenheitspflicht des Anwaltes ist das Fundament, auf dem der Anwaltsberuf überhaupt nur sinnvoll ausgeübt werden kann. Die Verletzung dieser Pflicht ist in § 203 StGB unter Strafe gestellt. Als Konsequenz aus der Pflicht zur Verschwiegenheit steht dem Anwalt ein Schweigerecht zu, das vom Schutzumfang des Art. 12 Abs. 1 GG, dem Grundrecht der Berufsfreiheit, erfasst wird.
Prozessrechtlich wird die Verschwiegenheitspflicht durch Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechte u.a. in der ZPO (§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO), vor allem aber in der Strafprozessordnung durch § 53 Abs. 1 Nr. 3 und § 102 Abs. 1 S. 3 StPO sowie durch das Beschlagnahmeverbot des § 97 StPO abgesichert.
Die Pflicht des Anwaltes zur Verschwiegenheit entfällt allerdings dann, wenn der Mandant den Rechtsanwalt von dieser Pflicht entbindet oder - für die Praxis besonders wichtig - wenn der Anwalt zur Wahrnehmung berechtigter Interessen nicht mehr an seine Verschwiegenheit gebunden ist. Typischer Anwendungsbereich sind Vergütungsklagen des Anwalts gegen seinen zahlungsunwilligen Mandanten. Dann gebührt dem berechtigten Honoraranspruch des Anwaltes der Vorzug vor der Verschwiegenheitspflicht. In solchen Fällen hat auch ein vom Gebührenkläger als Zeuge benannter angestellter Anwalt grundsätzlich kein Zeugnisverweigerungsrecht mehr.

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium

Schlagworte zum Thema:  Rechtsanwalt, Schweigepflicht, Geldwäsche, Immobilien