Rechtsanwaltsvergütung

BGH zur maximalen Höhe von Anwaltshonoraren


BGH zur maximalen Höhe von Anwaltshonoraren

Überschreiten Vergütungsvereinbarungen von Rechtsanwälten das Fünffache der gesetzlichen Vergütung, so spricht eine widerlegbare Vermutung für die Unwirksamkeit der Vereinbarung.

In einer aktuellen Entscheidung hat sich der BGH ausführlich mit der Zulässigkeit von Vergütungsvereinbarungen zwischen Anwalt und Mandant befasst. Die kritische Grenze für Vergütungsvereinbarungen zieht der BGH bei dem Fünffachen der gesetzlich vorgesehenen Vergütung.

Stundensatz von 250 EUR vereinbart

Geklagt hatte ein auf Baurecht spezialisierter Rechtsanwalt. Den Beklagten und dessen Ehefrau hatte er in mehreren Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Neubau eines Einfamilienhauses vertreten. Nach einer im Jahr 2011 geschlossenen Vergütungsvereinbarung hatten sich der Beklagte und seine Ehefrau zur Zahlung eines Zeithonorars unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 250 EUR verpflichtet. Entstandene Auslagen sollten zusätzlich erstattet werden.

Kläger vertrat den Beklagten in diversen Verfahren

Im Zuge des Mandats machte der Anwalt für den Beklagten und seine Ehefrau gegenüber dem bauleitenden Architekten gerichtlich Bauüberwachungsmängel geltend und erreichte u.a. eine Zahlung des Architekten an seine Mandanten in Höhe von 42.000 EUR nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten. In einem weiteren Verfahren wurden der Beklagte und seine Ehefrau von einem Bauunternehmen auf Zahlung von Restwerklohn in Anspruch genommen. Auf die im Auftrag seiner Mandanten erhobene Mängeleinrede verzichteten die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich wechselseitig auf ihre Forderungen.

Anwaltsrechnungen nur teilweise beglichen

Der Kläger stellte dem Beklagten und seiner Ehefrau auf der Grundlage der getroffenen Vergütungsvereinbarung die verschiedenen Tätigkeiten in Rechnung, getrennt nach den unterschiedlichen Mandaten. Die Rechnungen wurden von der Beklagten und seiner Ehefrau nur teilweise beglichen. Gegenstand des von dem Anwalt eingeleiteten Vergütungsrechtsstreits waren noch nicht ausgeglichene Honorarforderungen in Höhe von etwas über 130.000 EUR.

Deckelung der Vergütung durch OLG

Erstinstanzlich hatte die Klage des Anwalts beim LG Erfolg. Das OLG begrenzte in der Berufungsinstanz den Vergütungsanspruch des Klägers auf 100.000 EUR. Die hiergegen von beiden Parteien eingelegten Revisionen waren vor dem BGH erfolgreich. Nach Auffassung des BGH war die Herabsetzung der vereinbarten Vergütung auf einen Pauschalbetrag von 100.000 EUR durch das Gericht nicht gerechtfertigt.

Der BGH hat genau nachgerechnet

Das OLG hatte nach der Entscheidung des Senats schon rechtsfehlerhaft angenommen, dass die vereinbarte Vergütung die gesetzlichen Gebühren um das Fünffache überschreite. Die tatsächliche Vermutung für die Unangemessenheit der Vergütung im Sinne von § 3a Abs. 2 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs.3 Satz 1 RVG n.F.) greife hier nicht, denn tatsächlich bleibe die Vergütungsvereinbarung – wenn auch nur knapp - unter dem Fünffachen der gesetzlichen Gebühren. Die Berechnung der Gebühren habe nach den einzelnen Mandaten getrennt zu erfolgen und nicht - wie vom OLG vorgenommen - in einer Gesamtschau.

Angemessenheit bedarf Würdigung der Gesamtumstände

Der BGH stellte klar, dass das von einem Rechtsanwalt vereinbarte Honorar dann unangemessen hoch ist, wenn er sich ein Honorar versprechen lässt, dass unter Berücksichtigung aller Umstände nicht mehr einem sachgerechten Interessenausgleich entspricht (BGH, Urteil v. 10.11.2016, IX ZR 119/14). Für die Beurteilung der Angemessenheit komme es auf den Zeitpunkt der Beendigung des Mandats an, nicht auf den Zeitpunkt der Mandatserteilung (BGH, Urteil v. 4.2.2010, IX ZR 18/09). Beurteilungsmaßstab sei, ob unter Berücksichtigung der gesamten Umstände die Höhe der Vergütung als insgesamt zumutbar oder aber als unerträglich erscheint.

Zeithonorar von 250 EUR pro Stunde ist nicht unangemessen

Die Darlegungs- und Beweislast für die Unangemessenheit des Honorars trägt grundsätzlich der Mandant. Die Beweisführung wird bei mehr als dem Fünffachen der gesetzlichen Vergütung dadurch erleichtert, dass eine Vermutung für eine Verletzung des geltenden Mäßigungsgebots spricht. Dem Anwalt bleibt in diesen Fällen allerdings die Möglichkeit, darzulegen und zu beweisen, dass die Vereinbarung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände dennoch als angemessen zu beurteilen ist. Der Senat bewertete die Vereinbarung eines Zeithonorars in Höhe von 250 EUR pro Stunde im Fall eines spezialisierten Rechtsanwalts grundsätzlich nicht als unangemessen.

Anwalt muss den berechneten Zeitaufwand konkret darlegen

Da das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen zur Angemessenheit der Vergütung im konkreten Fall und insbesondere nicht zur Angemessenheit der Anzahl der abgerechneten Stunden getroffen hat, muss es diesen Fragen noch nachgehen. Insoweit trägt laut BGH der Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die berechnete Vergütung auf Grundlage der von ihm geltend gemachten Stundenzahl tatsächlich entstanden ist. Pauschale Angaben zum Zeitaufwand genügen nicht. Der Kläger müsse die von ihm getroffenen Maßnahmen in den angegebenen Zeiträumen in nachprüfbarer Weise darlegen (BGH, Urteil v. 13.2. 2020, IXZR 140/19).

Zeitaufwand kann vom Gericht geschätzt werden

Der Kläger hatte nach den bisherigen Feststellungen der Vorinstanz insg. rund 400 Zeitstunden in Rechnung gestellt. Das Berufungsgericht hat hierzu vom BGH die Vorgabe erhalten, eine überschlägige Schätzung anzustellen, welcher Zeitaufwand für die jeweiligen Mandate als verhältnismäßig und angemessen erscheint. Allerdings habe das Gericht keine bindende Bearbeitungszeit vorzugeben. Die gerichtliche Kontrolle beschränke sich darauf, festzustellen, ob der Anwalt seine Arbeitszeit zulasten des Mandanten in unverhältnismäßiger Weise aufgebläht hat.

Berufungsgericht muss über angemessene Vergütung erneut entscheiden

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat das Berufungsgericht den angemessenen Zeitaufwand nun zu schätzen und dann aus dem für angemessen erachteten Stundensatz von 250 Euro die endgültige Höhe des Honorars zu bestimmen. Mit diesen Vorgaben hat der Senat den Rechtsstreit an die Vorinstanz zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung zurückverwiesen.


(BGH, Urteil v. 8.5.2025, IX ZR 19/23)


Schlagworte zum Thema:  Recht , Vergütung , Honorar
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