Auch nach 17 Jahren noch unwürdig für den Anwaltsberuf
Auch Rechtsanwälte sind nicht davor gefeit, auf die schiefe Bahn zu geraten. Ist es einmal passiert, führt dies - zumindest in gravierenden Fällen - zum Entzug der Anwaltszulassung. Welcher Zeitraum muss danach vergehen und was kann und muss der ehemalige Anwalt gegebenenfalls tun, damit ihm die Zulassung wieder erteilt werden kann? Mit dieser Frage hat sich der BGH in einer aktuellen Entscheidung beschäftigt.
Anwalt wegen gewerbsmäßigen Betrugs verurteilt
Ein Rechtsanwalt, der über einen Zeitraum von ca. 20 Jahren seinen Beruf ohne Beanstandungen ausgeübt hatte, geriet in den Strudel von Versicherungsbetrügereien. Er rechnete gegenüber Versicherungen erfundene Unfälle ab und wurde wegen mehrfachen gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Die letzte strafbare Handlung datiert aus dem Jahr 2008. Die Zulassung wurde dem Anwalt entzogen. Die Strafe wurde nach Ablauf der Bewährungszeit im November 2012 erlassen.
Anwaltskammer verweigerte die Wiederzulassung
Im Jahr 2015 wollte der Anwalt wieder in den Anwaltsberuf zurück. Er beantragte bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer seine Wiederzulassung, die diese ihm verweigerte. Weitere 6 Jahre später scheiterte er mit seinem Begehren auf Erlangung der Wiederzulassung erneut.
Auch nach 17 Jahren keine Wiederzulassung
Die Instanzgerichte bis hin zum BGH blieben hart und versagten die Zulassung ebenfalls. Der BGH bestätigte in seiner Entscheidung über den Antrag des Anwalts auf Zulassung der Berufung gegen das sein Begehren abweisende Urteil des saarländischen AGH dessen Entscheidung.
Keine Zulassung zur Anwaltschaft bei Unwürdigkeit
Die Gerichte stützen ihre Entscheidung zur Versagung der Wiederzulassung auf § 7 Satz 1 Nr. 5 BRAO. Danach ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn die antragstellende Person sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das sie unwürdig erscheinen lässt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben. Gemäß § 7 Satz 2 BRAO gilt die für andere Ausschlussgründe für eine Wiederzulassung geltende Frist von 8 Jahren nach einer rechtskräftigen Entscheidung für die Versagung der Zulassung wegen Unwürdigkeit nicht.
Würdigung der Gesamtumstände erforderlich
Der BGH konzedierte, dass auch im Fall der Versagung der Zulassung wegen Unwürdigkeit der Zeitfaktor eine Rolle spielen kann. Ein Fehlverhalten des Betroffenen könne mit zunehmendem Zeitablauf an Gewicht verlieren, jedoch sei die Entscheidung über eine Versagung immer auf der Grundlage einer Würdigung der gesamten Umstände des Falles zu treffen. Dabei sei auch die Schwere der Verfehlungen ein entscheidender Faktor (BGH, Urteil v. 14.1.2019, AnwZ (Brfg) 70/17). Der AGH habe die vom Kläger mehrfach begangenen Betrugstaten gegenüber Versicherungen in Form der Abrechnung vorgespiegelter, in Wirklichkeit nicht geschehener Verkehrsunfälle, zu Recht als Straftaten im Kernbereich der anwaltlichen Tätigkeit von hohem Gewicht bewertet. Diese seien geeignet gewesen, das Vertrauen der Bevölkerung und der Rechtsuchenden in die Integrität der Anwaltschaft insgesamt zu schädigen.
Zeitablauf allein heilt begangenes Unrecht nicht
Sowohl nach Auffassung des AGH als auch des BGH führt ein bloßes Verstreichenlassen von Zeit - zumindest in schwerwiegenden Fällen - nicht zu einem Anspruch auf Wiederzulassung. Neben einer Wartezeit von 15-20 Jahren nach einer schweren Verfehlung, müsse der Betroffene „echte Reue“ gezeigt und sich um „Wiedergutmachung“ bemüht haben. Im konkreten Fall habe der Kläger gerade mal 10 % des von ihm angerichteten Schadens im Laufe der Zeit ausgeglichen. Der Kläger habe im übrigen eher darauf vertraut, dass die Wunden durch Zeitablauf automatisch heilen und die Ansprüche der geschädigten Versicherungen irgendwann verjähren.
Integritätszweifel nicht beseitigt
Diese Haltung des Klägers lasse ernsthafte Reue und Einsicht in das begangene Unrecht vermissen. Daran ändere es auch nichts, dass der Jurist sich in den vergangenen Jahren nichts mehr habe zuschulden kommen lassen und er sich auch gesellschaftlich engagiere. Dies genüge nicht, um die verbleibenden Zweifel an seiner für die Ausübung des Anwaltsberufes erforderlichen Integrität zu beseitigen.
Wiederzulassung zur Anwaltschaft nicht für immer aussichtslos
Schließlich half dem Kläger auch sein mit 73 Jahren inzwischen fortgeschrittenes Alter nicht. Eine Verletzung der nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit vermochte der BGH in der Ablehnung der Wiederzulassung nicht erkennen, auch wenn sich die statistisch für die Wiederausübung des Anwaltsberufs verbleibende Zeit für den Kläger infolge seines fortgeschrittenen Lebensalters immer mehr verringere. Eine Wiederzulassung bleibe nicht auf Lebenszeit unmöglich, der Kläger müsse hierfür aber einfach noch mehr tun, um seinen Beruf wieder in Würde ausüben zu können.
(BGH, Beschluss v. 22.9.2025, AnwZ (Brfg) 28/25)
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