Anwaltsblog Rechtsanwälte müssen Homepage pflegen

Stellt ein Rechtsanwalt in seinem Blog einen gerichtlich erstrittenen Erfolg heraus, muss er auch über eine spätere Aufhebung dieser Entscheidung informieren. Zur Löschung des ursprünglichen Berichts ist er aber nicht verpflichtet.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat sich in einem von einer deutschlandweit tätigen Wirtschaftsauskunftei gegen einen Rechtsanwalt geführten Rechtsstreit mit den Pflichten des Rechtsanwalts zur Pflege seiner Homepage sowie des von ihm betriebenen Internet-Blogs beschäftigt.

Anwalt berichtete in seinem Blog über juristischen Erfolg

Auf seiner Homepage hatte der Anwalt einen von ihm erstrittenen juristischen Erfolg gegen die Wirtschaftsauskunftei positiv herausgestellt. Vor Gericht hatte er gegen die Auskunftei eine einstweilige Verfügung erwirkt und in seinem unter der Kanzlei-Website geführten Anwaltsblog darüber berichtet. 

Anwalt auf Unterlassung verklagt 

In der Folgezeit wurde nach Widerspruch der Wirtschaftsauskunftei die einstweilige Verfügung rechtskräftig aufgehoben. Der Rechtsanwalt ließ den Ursprungsbericht unkommentiert im Netz stehen und erwähnte die rechtskräftige Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht. Dies störte die Wirtschaftsauskunftei erheblich. Die Auskunftei verklagte den Anwalt auf Unterlassung und hatte mit ihrer Klage erstinstanzlich Erfolg.

Erfolgreiche Berufung des Rechtsanwalts

Das zweitinstanzlich mit der Sache befasste OLG gab der Berufung des Rechtsanwalts gegen das erstinstanzlich ergangene Unterlassungsurteil statt. Nach Auffassung des Senats ist der von der Vorinstanz zuerkannte Unterlassungsanspruch analog § 1004 BGB nicht gegeben. Ein solcher Unterlassungsanspruch setze voraus, dass die von dem Rechtsanwalt auf seinem Blog berichteten Gegebenheiten unwahr seien und hierdurch die Rechte der Klägerin verletzt würden. Diese Voraussetzungen sind nach der Bewertung des OLG nicht erfüllt.

Ursprungsbericht entsprach weiterhin der Wahrheit

Der Senat stellte in seiner Entscheidung zunächst fest, dass der Bericht des Anwalts in seinem Blog über den zunächst erzielten juristischen Erfolg der Wahrheit entsprach und durch die spätere Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht unwahr geworden ist. Die rechtskräftige Aufhebung der einstweiligen Verfügung ändere an der Richtigkeit der berichteten Tatsachen nichts.

Interessenabwägung erforderlich 

Der Senat verkannte nicht, dass die nachträgliche rechtskräftige Aufhebung der einstweiligen Verfügung den Ursprungsbericht des Anwalts nun in einem anderen Licht erscheinen ließ. Ein unkommentiertes Stehenlassen des Berichts sei durchaus geeignet, die Klägerin in ihren Persönlichkeitsrechten zu verletzten. Insoweit sei das Interesse des Anwalts an der Information über seinen ursprünglichen juristischen Erfolg gegen die Interessen der Klägerin an einer Information des Publikums über das endgültige Ergebnis des Rechtsstreits abzuwägen.

Schützenswertes Interesse der Klägerin an Berichtsergänzung 

Diese Abwägung führt nach Auffassung des Senats zur Anerkennung eines schützenswerten Interesses der Klägerin an einer Klarstellung der weiteren juristischen Entwicklung. Anders als im Fall von Presseberichten, bei denen die Presse grundsätzlich nicht verpflichtet sei, die Berichterstattung über ein einmal aufgegriffenes Thema bei neuen Entwicklungen fortzusetzen, sei im Fall des von dem Anwalt betriebenen, kommerziell orientierten Blogs, ein Interesse der Klägerin an einer Information des Publikums über das endgültige juristische Ergebnis anzuerkennen.

Kein Anspruch auf Löschung

Die Abwägung der beiderseitigen Interessen führt nach der Bewertung des Senats allerdings nicht zu einem Anspruch der Klägerin auf Löschung des Ursprungsbeitrags, sondern lediglich zu einem Anspruch auf Ergänzung bzw. Fortführung des Ursprungsberichts. Der von der Vorinstanz zuerkannte Unterlassungsanspruch beinhalte einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit sowie in die durch Art. 5 GG geschützte Meinungsfreiheit des beklagten Rechtsanwalts. Ein Recht auf Ergänzung und Richtigstellung eines sonst möglicherweise beim Publikum entstehenden unrichtigen Eindrucks vom Ausgang der Rechtsstreitigkeit entspreche demgegenüber einem am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten Ergebnis.

Unterlassungsanspruch abgewiesen

Da die Klägerin lediglich auf Unterlassung geklagt hatte und eine Ergänzung des Ursprungsberichts gerichtlich - auch nicht hilfsweise - geltend gemacht hatte, hatte die Berufung des Rechtsanwalts gegen das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang Erfolg und führte zur Klageabweisung. 

Entscheidung noch nicht rechtskräftig

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig und kann mit einem Antrag auf Zulassung der Revision mit der Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH angegriffen werden.

(OLG Frankfurt, Urteil v. 15.12.2022, 16 U 255/21)