Umgangsrecht der Großeltern bei schwerem Konflikt mit der Tochter

Haben sich Großeltern und Kindesmutter überworfen, können die Großeltern zwar ein Umgangsrecht für ihren Enkel beantragen. Ausschlaggebend ist allerdings das Kindeswohl. Dem Umgang widerspricht es, wenn die Großeltern die Erziehungsfähigkeit ihrer Tochter anzweifeln und das Kind droht, bei dem Konflikt in die Schusslinie zu geraten.

Streit kommt in den besten Familien vor. In manchen Fällen sitzen die Konflikte aber so tief, dass die Reibereien zu einem totalen Zerwürfnis führen. So lag der Fall, den die Richter des Oberlandesgerichts Oldenburg zu entscheiden hatten.

Enkel-Umgangsrecht trotz harter Fronten zwischen Kindesmutter und ihren Eltern?

Die Großeltern eines 7-jährigen Jungen wollten das Umgangsrecht mit ihm, nachdem sie sich mit ihrer Tochter völlig zerstritten hatten. Diese hatte ihnen angeboten, dass sie ihren Enkelsohn bei ihr zu Hause zu besuchen können. Das reichte den Großeltern nicht.

  • Sie warfen ihrer Tochter vor, nicht erziehungsfähig zu sein und wollten unbegleiteten Umgang mit dem Kind allein.
  • Sie hatten u.a. eine Nachricht auf die Mailbox der Kindesmutter gesprochen. Darin heißt es, sie würden ihr nicht noch einmal verzeihen.
  • Wenn sie ihren Enkel wiedersähen, würden sie ihm „die Wahrheit“ sagen.

Dieser Konflikt und die Härte und Kompromisslosigkeit der Großeltern gegenüber ihrer Tochter führte zu einer abschlägigen gerichtlichen Entscheidung zu dem begehrten Umgangsrecht.

Bestehende Bindungen zwischen Großeltern und Enkel

Grundsätzlich sieht das Gesetz ein Umgangsrecht der Großeltern vor. Es ist zu gewähren, wenn es dem Wohl des Kindes dient (§ 1685 Abs. 1 BGB).

Mitentscheidend ist, dass die Großeltern auf irgendeine Weise zum sozialen Umfeld des Kindes gehört haben.

  • Es wird davon ausgegangen, dass es gut und für das Kind förderlich ist, wenn bestehende zwischenmenschliche Beziehungen fortgesetzt werden.
  • In dem niedersächsischen Fall kannte der 7-jährige Oma und Opa gut, sodass die nötige Bindung zwischen ihnen bestand.  

Kindeswohl entscheidet über Umgangsrechte

Sind die Bindungen belegt, ist im zweiten Schritt zu prüfen, ob das Aufrechterhalten der Bindung der kindlichen Entwicklung förderlich ist (§ 1626 Abs.3 BGB). Die Rechtsprechung hat Leitlinien erarbeitet, wobei in letzter Konsequenz stets im Einzelfall mit all seinen Besonderheiten zu entscheiden ist.

  • Für den Normalfall wird vermutet, dass eine fortgesetzte Beziehung dem Kind förderlich ist.
  • Bei schweren Auseinandersetzungen zwischen Eltern und Großeltern kann diese Vermutung widerlegt sein, wenn das Kind in einen erheblichen Loyalitätskonflikt gerät.
  • Davon gehen die Gerichte bei einem nachhaltigen Zerwürfnis zwischen Eltern und Großeltern aus.

Einzelfallprüfung zum Großeltern-Umgangsrecht bei bestehenden Konflikten

Folgenden Punkte sind entscheidend bei einer Einzelfallprüfung, ob das Kindeswohl dem Umgangsrecht widerspricht:

  • Kann das Kind nach Alter und Persönlichkeit mit den Kontroversen zwischen Eltern(teil) und Großeltern(teil) umgehen oder nicht?
  • Kann es Meinungsverschiedenheiten oder gegenseitige kritische Bemerkungen einordnen?
  • Zum Leben und zur Entwicklung eines Kindes gehört es dazu, divergierende Auffassungen zu verarbeiten.

Nicht kindeswohldienliche Aspekte des Großeltern-Umgangsrechts

Nicht kindeswohldienlich ist es, wenn von den Großeltern generell nicht akzeptiert wird, dass die Eltern für die Erziehung ihres Kindes zuständig sind und gegenüber allen anderen absoluten Vorrang haben. Zeichen dafür sind laut geäußerte Zweifel, dass die Eltern erziehungsfähig sind oder das ständige Kritisieren der Erziehungsmethoden.

Unerbittliche Streitigkeiten zwischen Eltern und Großeltern, die nicht die Erziehung zum Thema haben, können ebenfalls gegen einen Umgang sprechen. Nämlich dann, wenn das Kind Gefahr läuft, in den Streit hineingezogen oder durch die Großeltern gegen die Eltern instrumentalisiert zu werden. Eine stabile Beziehung des Kindes zu seinen Eltern hat hier Priorität.

  • Irrelevant sind Konfliktursachen
  • oder die Frage, wer im Recht ist.
  • Die Eltern genießen bis zur Schwelle des § 1666 BGB das Erziehungsvorrecht. Das bedeutet in einem gewissen Rahmen auch, dass „unvernünftige“ Eltern bei heftigen Spannungen den Umgang mit den „vernünftigen“ Großeltern unterbinden können. 

(OLG Oldenburg, Beschluss v. 23.10.2017, 3 UF 120/17).

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Hintergrund:

Umgangsrecht der Großeltern

Der Dreh- und Angelpunkt ist hier das Kindeswohl und bei der Frage, ob das Umgangsrecht der Großeltern dem Wohl des Kindes dient, ist eine Abwägung der Interessen des Kindes, der Eltern und der Großeltern vorzunehmen.

Im Falle eines Konflikts zwischen Eltern und Großeltern sieht die Rechtsprechung die Gefahr, dass dieser negative Folgen für das Kind haben könnte, das in einen Loyalitätskonflikt gedrängt zu werden droht.

  • Für eine solche Schlussfolgerung bedarf es aber der gerichtlichen Feststellung eines tatsächlich bestehenden nachhaltigen und tiefgreifenden Zerwürfnisses zwischen den Eltern und den Großeltern.
  • Eine ablehnende Haltung, die erkennbar ohne nachvollziehbare Gründe dargetan wird, reicht nicht für einen Umgangsausschluss aus.

Als nicht nachvollziehbarer Grund wurde beispielsweise der Vortrag angesehen, dass die Großeltern nicht die Schulaufgaben mit dem Kind am einzigen Umgangsnachmittag machen würden oder das Kind im Bildungsbereich während der Umgangszeit nicht im Sinne des Elternteils förderten.

Als nachvollziehbare Gründe wurden demgegenüber etwa angesehen, dass die Großeltern sich dem Kind ohne Zustimmung des Elternteils eigenmächtig im Sinne einer Art "Nachstellung" versucht hatten zu nähern.

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium

Schlagworte zum Thema:  Sorgerecht, Urteil, Umgangsrecht