Gemeinsamens Sorgerecht weil die Mutter abblockt

Wegen einseitiger unbegründeter Kommunikationsverweigerung einer unverheirateten Mutter wurde dem Vater sein Teil des Sorgerechts zugesprochen. Das KG Berlin überließ es damit nicht ausschließlich dem Verhalten der Mutter, über das Wohl des Kindes zu entscheiden.

Zum 19.5.2013 ist das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter in Kraft getreten. Damit hängt es nicht mehr ausschließlich vom Willen der Mutter ab, ob der Vater einen Teil oder sogar das alleinige Sorgerecht erhält.

Das Urteil des Kammergerichts dürfte eines der letzten gewesen sein, das sich noch mit der alten unsicheren Rechtslage auseinandersetzen musste, doch die zu Grunde liegenden Probleme bleiben aktuell.

Rückblick: Regelung zum gemeinsamen Sorgerecht unverheirateter Eltern verfassungswidrig

Die Regelungen des § 1626a Abs. 1 Nr. 1, § 1672 Abs. 1 BGB a.F., die vorsahen, dass bei unverheirateten Paaren der Vater nicht gegen den Willen der Mutter einen Anteil am Sorgerecht erhalten konnte, hatte das BVerfG für verfassungswidrig erklärt (BVerfG, Beschluss v. 21.7.2010, 1 BvR 420/09).

Die Regelung verstieß gegen das Elternrecht des Vaters gem. Art. 6 Abs. 2 GG, da ein gemeinsames Sorgerecht ausschließlich von der Zustimmung der Mutter abhing, ohne dass die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung am Maßstab des Kindeswohls erfolgen konnte.

In diesem Urteil betonten die Verfassungsrichter jedoch auch, dass eine gemeinsame elterliche Sorge nicht angeordnet werden dürfe, wenn zwischen den Eltern Streitigkeiten oder keine ausreichende Kommunikation bestehe. In diesem Fall könne das Kindeswohl gefährdet sein.

Unsicherheit nicht nur bei den Vätern, sondern auch bei den Gerichten

Dies sahen einige Gerichte jedoch zum Teil anders. Denn nach dieser Rechtsauffassung hatte es immer noch ausschließlich die Mutter in der Hand hatte, dem Vater die elterliche Sorge zu verweigern. Wollte sie das alleinige Sorgerecht nicht teilen, brauchte sie nur nicht mehr mit dem Vater zu kommunizieren.

Kommunikationsproblem ist nicht gleich Kommunikationsproblem

Das OLG Hamm differenzierte daher zwischen Kommunikationsprobleme auf der „Paar-Ebene“ und auf der „Sorgerechtsebene“. Die gemeinsame Sorge diene dem Kindeswohl mehr als die alleinige, da sie gewährleistet, dass das Kind zu beiden Eltern Kontakt hält. Dies müsse im Vordergrund stehen. Bestehen die Kommunikationsprobleme auf der „Paar-Ebene“, könne und müsse von intelligenten Eltern erwartet werden, dass sie zum Wohle des Kindes aber zumindest auf der „Sorgerechtsebene“ kommunizieren (OLG Hamm, Beschluss v. 1.2.2012, II-2 UF 168/11).  

Kammergericht urteilte zugunsten des Vaters

Auch im Fall, über den das Kammergericht Berlin zu entscheiden hatte, gab es große Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Eltern. Diese waren auf das Verhalten der Mutter zurückzuführen. Sie entzog sich nicht nur dem Gespräch mit dem Vater, sondern auch der Zusammenarbeit mit dem Jugendamt. Bemühungen des Vaters, eine Kommunikationsbasis mit der Mutter aufzubauen, blieben erfolglos.

Es dürfe bei der Beurteilung des Kindeswohls nicht allein auf das Verhalten der Mutter abgestellt werden. Ein unüberwindbares Zerwürfnis, das das Kindeswohl gefährdet, liege nicht vor. Den Eltern sei vielmehr zuzumuten, eine geeignete Kommunikationsbasis für ein gemeinsames Sorgerecht aufzubauen, befand das Gericht.  

Endlich mehr Rechtssicherheit

Mittlerweile hat der Gesetzgeber auf das Urteil des BVerfG reagiert: Das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern trat am 19.5.2013 in Kraft. Grundsätzlich bleibt es dabei, dass die unverheiratete Mutter mit der Geburt das alleinige Sorgerecht erhält.

Durch den neuen § § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 BGB erhält jetzt aber auch der Vater die Möglichkeit, gegen den Willen der Mutter das alleinige oder gemeinsame Sorgerecht zu beantragen. Das Familiengericht kann die gemeinsame Sorge nur dann versagen, wenn sie dem Kindeswohl wegen Gründen, die der andere Elternteil vorzubringen hat, nicht widerspricht. Grundsätzlich ist aber nach § 1626a Abs. 2 Satz 2 BGB n.F. davon auszugehen, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Zum Wohle des Kindes: Reden hilft!

Auf eine einseitige Kommunikationsverweigerung kann die Mutter jetzt auch von Gesetzes wegen zukünftig nicht mehr bauen, will sie das alleinige Sorgerecht behalten. Im Gegenteil: Sie läuft damit Gefahr, den Sorgerechtsstreit zu verlieren.    

(KG, Beschluss v. 28.11.2012, 18 UF 35/12).

Vgl. zum Thema Sorgerecht auch:

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Schlagworte zum Thema:  Sorgerecht, Familienrecht