Leitsatz

Soll gegen die Miteigentümer eines Wohnungseigentums vollstreckt werden, muss gegen jeden Miteigentümer ein Titel vorliegen.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 4 WEG; §§ 887, 793 ZPO

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümerin S wird von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer G auf Rückbau baulicher Veränderungen in Anspruch genommen. S ist entsprechend verurteilt worden, aber nicht bereit, die baulichen Veränderungen freiwillig zu beseitigen. G geht gegen S daher im Wege der Zwangsvollstreckung vor. Das Amtsgericht ermächtigt G, auf Kosten der S die baulichen Veränderungen zu beseitigen. Gegen diese Entscheidung beschwert sich S.
  2. Während des Beschwerdeverfahrens erwirbt D einen 1/100.stel Miteigentumsanteil am Wohnungseigentum der S. D widerspricht der Vollstreckung.
 

Die Entscheidung

Mit Erfolg! Der Titel laute nicht gegen D. Die Zwangsvollstreckung sei bei einer derartigen Fallgestaltung nur dann möglich, wenn der Miteigentümer sein Einverständnis mit der durchzuführenden Maßnahme erkläre oder der Vollstreckungsgläubiger einen eigenen Duldungstitel gegen den Miteigentümer erwirke. § 265 ZPO sei nicht anzuwenden.

 

§ 265 ZPO. Veräußerung oder Abtretung der Streitsache

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 ZPO nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 ZPO gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

Durch die Veräußerung des 1/100-stel Miteigentumsanteils habe S ihre Passivlegitimation nicht verloren. D sei auch nicht anstelle der S Sondereigentümer geworden.

 

Kommentar

Anmerkung

Auch die partielle Nachfolge in das Recht des Vorgängers ist eine Einzelrechtsnachfolge (OLG Köln v. 16.7.2002, 22 U 13/02). Der gegen S gerichtete Leistungstitel wirkte daher auch gegen seinen Rechtsnachfolger D. Das Urteil ist also falsch (Bub/Bernhard, FD-MietR 2015, 367317; a.A. Groß, IMR 2015, S. 36).

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Der Gläubiger des Miteigentümers eines Wohnungseigentums, auch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, kann den Anspruch des Schuldners auf Aufhebung der Gemeinschaft am Wohnungseigentum sowie auf Teilung und Auszahlung des Erlöses pfänden und sich überweisen lassen.
  2. Miteigentümer eines Wohnungseigentums schulden das Hausgeld als Gesamtschuldner.
 

Link zur Entscheidung

LG Itzehoe, Beschluss vom 17.10.2014, 11 T 44/14

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