Leitsatz

  • Auch unter Zwangsverwaltung stehender Eigentümer kann mit Ermächtigung des Zwangsverwalters ein Beschlussanfechtungsverfahren in der Rechtsmittelinstanz fortführen
  • Keine gültige Verwalterbestellung bei einschlägig verurteiltem Geschäftsführer einer Verwalter-GmbH und noch nicht getilgten Vorstrafen
  • Rechtsmissbräuchliche Stimmrechtsausübung einer Eigentümergruppe in Kenntnis der Vorstrafen des Verwalter-Kandidaten
  • Ein Heizkostenverteilungs-Beschluss 50:50 bedeutet Abrechnung 50% nach Verbrauch und 50% grundsätzlich nach allgemeinem Kostenverteilungsschlüssel (hier: nach Miteigentumsanteilen), jedenfalls nicht zwingend nach der beheizbaren Fläche
  • Ein gerichtlich bestellter Notverwalter darf nicht für eine bestimmte Zeit, sondern nur für die Zeit bis zur Wahl eines neuen Verwalters eingesetzt werden (etwa 9 Monate als angemessen angesehen)
 

Normenkette

§ 16 Abs.2 WEG, § 26 WEG, § 43 Abs.1 Nr. 4 WEG

 

Kommentar

1. Trotz zwischenzeitlich angeordneter Zwangsverwaltung war der betreffende Eigentümer (Beschlussanfechtungs-Antragsteller) im vorliegenden Verfahren beschwerdebefugt, obgleich grundsätzlich ein Schuldner nach § 148 Abs.2 ZVG ab Zwangsverwaltung-Beschlagnahme nicht mehr zur Verwaltung seines Eigentums berechtigt ist; erforderliche Handlungen sind in diesem Fall vom Zwangsverwalter gem. § 152 Abs.1 ZVG zur wirtschaftlichen Erhaltung des Wohnungsbestandes vorzunehmen; insoweit besitzt er in diesem Rahmen auch die alleinige Prozessführungsbefugnis (zur Frage der Genehmigung einer Jahresabrechnung und zur Bestellung eines Verwalters vgl. KG, WM 1990, 324 = ZMR 1990, 308 und BayObLG, WE 1999, 157 = ZMR 1999, 121). Vorliegend hatte allerdings der Zwangsverwalter dem Eigentümer "Vollmacht" erteilt, also den Antragsteller wirksam ermächtigt, das Verfahren in der Beschwerdeinstanz fortzuführen.

2. Da hier der Geschäftsführer der Verwaltung wegen zweier verschiedener einschlägiger (vermögensrechtlicher) Straftaten verurteilt war und die 15-jährige Tilgungsfrist gem. § 46 Abs.1 Nr.4 BZRG unterliegende Vorstrafe zum Zeitpunkt der Bestellungs-Beschlussfassung noch nicht abgelaufen war, war auf Anfechtung hin die Bestellung dieser Verwaltung wegen Verstoßes gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung für ungültig zu erklären.

3. Die Ausübung des Stimmrechts durch eine Mehrheit (Sympathisantengruppe) war vorliegend auch rechtsmissbräuchlich; hier konnte davon gesprochen werden, dass besondere Umstände vorlagen, von einem persönlich ungeeigneten Kandidaten zu sprechen, zumal sich die Mehrheitsgruppe bewusst über geäußerte Bedenken hinsichtlich der persönlichen Eignung dieses Verwalters hinweggesetzt hatte. Hinzu kamen noch weitere Gründe, die Bedenken gegen die charakterliche Eignung des Geschäftsführers der Verwaltung rechtfertigten (u.a. zweifelhafte Kontrolle einer ebenfalls vom Geschäftsführer beauftragten Hauswartungsgesellschaft, Auskehrung von Abrechnungsguthaben an Verwandte ohne entsprechende Beschlussfassung).

4. Mit einer Ungültigerklärung der Bestellung ist auch ein Verwaltervertrag als beendet anzusehen, allerdings nur für die Zukunft und nicht rückwirkend (BGH, NJW 1997, 2106 = ZMR 1997, 308); bis dahin erfolgte Handlungen des Verwalters bleiben entsprechend § 32 FGG in jedem Fall wirksam (vgl. auch KG, NJW-RR 1990, 153 = ZMR 1990, 62), so dass es vorliegend auf die Ungültigerklärung des Verwaltervertrages nicht ankommt.

5. Bei Beschlussfassung über die Heizkostenverteilung müssen nicht die hier geregelten 50% Fixkosten nach Heizfläche verteilt werden. Sind nach Teilungserklärung Miteigentumsanteile als Verteilungsschlüssel für diesen Teil der Heizkosten vereinbart, müssen auch die 50% Fixkosten nach Miteigentumsanteilen und nicht nach Heizfläche abgerechnet werden. Dies kann auch von Amts wegen durch das Gericht festgestellt werden, wenn ein Anfechtender nicht ausdrücklich auf entsprechende Rüge verzichtet haben sollte (vgl. BayObLG, NJW-RR 1989, 1163, 1164 = ZMR 1990, 63). Ein solcher Mangel betrifft jedoch nur die Einzelabrechnungen, nicht die Gesamtabrechnung der Heizkosten.

6. Ist eine Verteilung der Heizkosten fehlerhaft, sind noch Schadenersatzansprüche der Eigentümer gegen die Verwaltung denkbar; eine Entlastung widerspricht damit Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, so dass auch dieser Entlastungsbeschluss für ungültig erklärt wurde.

Abgerechnet werden müssen alle tatsächlich vom Gemeinschaftskonto erbrachten Zahlungen und zwar gleichgültig, ob sie zu Recht oder Unrecht erfolgt sind (h.M., KG, NJW-RR 1992, 845 = ZMR 1992, 308).

Selbst bei nur einem Abrechnungsfehler ist die Entlastung insgesamt zu verweigern.

7. Im vorliegenden Fall bestand dringliches Bestellungsbedürfnis eines Notverwalters nach § 26 Abs.3 WEG, insbesondere auch, um der Gemeinschaft zustehende Wohngelder zu sichern. Die Kammer bestellte hier entgegen dem Antragsvorschlag selbst eine erfahrene Verwaltung, da kein Anspruch auf Bestellung eines bestimmten, erwünschten Verwalters besteht. Eine solche Notverwaltung kann auch nicht -...

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