Leitsatz

  1. Zurückweisung einer Vertretungsstimme kann im Fall der Erheblichkeit zu erfolgreicher Beschlussanfechtung führen
  2. Eine Abrechnung ist nur dann vollständig, wenn auch der Stand der gemeinschaftlichen Konten, insbesondere der Rücklage und der Zinserträge ausgewiesen ist; über Ergänzungsanspruch sind die fehlenden Angaben nachholbar
  3. Auch Entlastung des Verwaltungsbeirats ohne erkennbares Bestehen von Schadensersatzansprüchen
  4. Limitierter Kreditbeschluss kann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen
 

Normenkette

§§ 25, 27, 28, 29 WEG

 

Kommentar

  1. Wird ein Vertreter, der seine Bevollmächtigung ordnungsgemäß nachweisen kann, vom Vorsitzenden einer Eigentümerversammlung zurückgewiesen, so sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse anfechtbar, sofern die nicht abgegebene oder nicht berücksichtigte Stimme erheblich war. Vorliegend wurde eine Vertretungsvollmacht erst nach Versammlungsbeginn übermittelt, lag also nicht bereits rechtzeitig vor Beginn der Versammlung vor. Abgesehen davon hätte die Stimme des vertretenen Eigentümers angesichts der Mehrheitsverhältnisse das Abstimmungsergebnis nicht beeinflusst.
  2. Zur Vollständigkeit einer Jahresabrechnung gehört, dass der Stand der gemeinschaftlichen Konten, insbesondere der Instandhaltungsrücklage und der Zinserträge, ausgewiesen ist. Das Fehlen solcher Bestandteile führt aber in der Regel nicht dazu, den Eigentümerbeschluss über die Jahresgesamt- und Einzelabrechnung für ungültig erklären zu müssen. Die fehlenden Angaben sind vielmehr nachholbar (grundsätzlich nur über einen Ergänzungsanspruch).
  3. Die Entlastung ehrenamtlicher Mitglieder des Verwaltungsbeirats entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn nicht erkennbar ist, dass Schadensersatzansprüche bestehen. Im Übrigen besteht keine Pflicht eines Verwaltungsbeirats, den Verwalter hinsichtlich der laufenden Verwaltungstätigkeit zu überwachen. Ob ein Beirat u.U. formelle Fehler einer Jahresabrechnung nicht bemerkt hat, kann dahingestellt bleiben; jedenfalls steht dies einer Entlastung nicht entgegen, da es sich vorliegend insoweit um buchungstechnische Vorgänge handeln würde, die nicht zu einem wirtschaftlichen Schaden für die Wohnungseigentümer führten (BayObLG, ZMR 2004, 50).
  4. Ein Beschluss der Eigentümer, der den Verwalter zur Kreditaufnahme bevollmächtigt, entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn sich der Kreditbetrag im Verhältnis zur Summe der Hausgeldzahlungen aller Wohnungseigentümer in einem bestimmten Rahmen hält und der Kredit zur Überbrückung eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses dient (wie hier).
 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 30.06.2004, 2Z BR 058/04

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