Leitsatz

Einzelner Eigentümer kann sich auf sein vertragliches Zurückbehaltungsrecht gegenüber einer Restkaufpreisforderung berufen, bis der Gewährleistungsschuldner auf etwa von der Gemeinschaft beschlossene Vorschussklage den Vorschuss bezahlt hat

 

Normenkette

§§ 633, 641 Abs. 3 BGB a.F.

 

Kommentar

  1. Eine Gemeinschaft hatte die Geltendmachung von anfänglichen Mängelgewährleistungsansprüchen gegen den Bauträgerverkäufer beschlossen, ein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet und im Nachfolgeprozess Klage u.a. auf Kostenvorschuss erhoben. Im vorliegenden Verfahren klagte nun der Bauträger gegen einen Ersterwerber noch vor Rechtskraft des gemeinschaftlichen Kostenvorschuss-Klageverfahrens auf Restkaufpreiszahlung gegen den Ersterwerber mit der vertretenen Auffassung, dass der Restkaufpreis in dem Moment fällig geworden sei, als die Gemeinschaft den Beschluss gefasst habe, sämtliche Rechte an sich zu ziehen. Dadurch hätten die beklagten Ersterwerber ihr Zurückbehaltungsrecht verloren. Die beklagten Ersterwerber hielten an ihrem Zurückbehaltungsrecht unter Hinweis darauf fest, dass sie erst leisten wollten, wenn der klagende Bauträgerverkäufer seine Vorschusspflicht auch erfüllt habe.

    Nachträglich leistete dann der Bauträger den Vorschussbetrag an die Gemeinschaft; im Anschluss daran erkannten die beklagten Erstkäufer die Klageforderung (Restkaufpreiszahlung) an und beantragten, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

  2. Den Erstkäufern stand bis zur Zahlung des Bauträgers das Zurückbehaltungsrecht zu; es ist nicht bereits mit dem Eigentümerbeschluss auf Geltendmachung des Vorschussanspruchs erloschen. Jeder Eigentümer kann nämlich kraft seines Kaufvertrags mit dem Werkunternehmer dessen Erfüllung auch insoweit verlangen, als es um die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum geht (vgl. BGH, NJW 1979 S. 2207). Das Verlangen, derartige Mängel zu beseitigen, kann von jedem Eigentümer unabhängig davon gestellt werden, ob die Gemeinschaft einen darauf gerichteten Beschluss gefasst hat oder nicht. Entscheidend ist nämlich, dass die Gemeinschaft gerade nicht Vertragspartner des Bauträgerverkäufers ist und damit über die Ermächtigung nur zur aktiven Geltendmachung der Ansprüche berechtigt ist. Der Bauträger wird seinerseits seine Vergütungsansprüche nicht gegen die Gemeinschaft geltend machen, weil diese insoweit nicht passivlegitimiert ist. Würde man das Erlöschen des Zurückbehaltungsrechts des einzelnen Eigentümers bejahen, würde dies zu einem vollständigen Rechtsverlust bei dem einzelnen Wohnungseigentümer führen; dies kann nicht Sinn der Rechtsprechung zur Teilrechtsfähigkeit und zur Einzugsberechtigung der Gemeinschaft sein.

    Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine mangelhafte Werkleistung nicht vom Unternehmer nachgebessert, sondern stattdessen ein bestimmtes Gewährleistungsrecht – etwa Minderung – geltend gemacht werden soll. Wegen der Gemeinschaftsbezogenheit dieser Gewährleistungsrechte kann eine solche Entscheidung nur von allen Eigentümern gemeinschaftlich durch Beschluss getroffen werden.

    Ein solcher Beschluss lag vorliegend allerdings nicht vor, da die Gemeinschaft auf Vorschuss geklagt hat und eine Verurteilung zur Vorschusszahlung für die Mängelbeseitigung erfolgt ist.

  3. Den Beklagten stand auch in der Höhe der Klageforderung ein Zurückbehaltungsrecht zu. Allerdings geht es hier nicht um unbeschränkte Leistungsverweigerungsrechte; vielmehr müssen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit berücksichtigt werden. Bei den vom Bauträger in Anspruch genommenen 5 Eigentümern ging es insgesamt um Rückbehalte von ca. 25.000 EUR, bei weiteren 4 Eigentümern um 20.000 EUR. Damit war der Dreifachbetrag (§ 641 Abs. 3 BGB a.F.) noch nicht ausgeschöpft.
  4. Nicht gefolgt werden kann der Annahme des Landgerichts, die beklagten Käufer hätten ausdrücklich eine Zug-um-Zug-Verurteilung und keine Klageabweisung beantragen müssen. Diese haben sich allein auf ihr Zurückbehaltungsrecht als Sicherheit berufen, bis der Vorschuss durch die Kläger gezahlt sein würde. Damit war ihr Anerkenntnis auch erst geboten, nachdem der Bauträger den rechtskräftig festgestellten Vorschuss an die Gemeinschaft erbracht hatte. Das Anerkenntnis erfolgte sofort, sodass auch der klagende Bauträger in die Kosten des Verfahrens zu verurteilen war.
 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss v. 2.3.2010, I-21 W 8/10

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