Leitsatz

Ein Rechtsanwalt muss seinen Mandanten stets sinnvoll beraten. Ist gegen einen Schuldner bereits ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens anhängig, verstößt die Empfehlung, einen Mahnbescheid zu beantragen, gegen diese Beratungspflicht.

 

Sachverhalt

Nachdem gegen die M-Gesellschaften Konkursantrag gestellt und vom Konkursgericht die Sequestration angeordnet worden war, beantragte der verklagte Rechtsanwalt im Auftrag der Klägerin und ihres Ehemannes am 3.2.1998 den Erlass eines Mahnbescheides gegen die M-KG. Gegen den Mahnbescheid legte die KG Widerspruch ein. Am 17.3.1998 wurde das Konkursverfahren eröffnet. Der Anwalt wurde zum Ersatz der durch seine Tätigkeit entstandenen Gerichtskosten verurteilt.

 

Entscheidung

Bereits der im Raum stehende Konkursantrag muss einen verantwortungsbewussten Rechtsanwalt veranlassen, von einem gerichtlichen Vorgehen abzuraten. Da die Konkursverfahren bereits etwa ein halbes Jahr zuvor beantragt worden waren, war mit alsbaldigen Entscheidungen des Konkursgerichts über die Eröffnung zu rechnen. Bei Eröffnung des Verfahrens wären noch laufende Mahnverfahren zwingend unterbrochen worden[1]; aus etwa bereits titulierten Forderungen konnte bis zum Abschluss der Konkursverfahren nicht vollstreckt werden[2]. Bei der Ablehnung der Eröffnung mangels Masse fehlte es an liquidem Vermögen und damit an Durchsetzungsmöglichkeiten.

Aus der Sicht des BGH war allein der Rat, bis zur Entscheidung über die Anträge auf Eröffnung der Konkursverfahren kein Geld mehr für gerichtliche Verfahren – und seien es auch nur Mahnverfahren – auszugeben, die einzig sinnvolle Entscheidung. Wären die Betroffenen ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hätten sie von einem entsprechenden Auftrag an den Anwalt abgesehen bzw. einen bereits erteilten Auftrag zurückgenommen.

 

Praxishinweis

Nach der Rechtsprechung des BGH ist regelmäßig zu vermuten, dass sich ein Mandant bei ordnungemäßer Beratung auch beratungsgerecht verhalten würde, so dass in diesem Zusammenhang stets ein entsprechender Anscheinsbeweis gilt. Der betroffene Berufsangehörige muss diesen Beweis positiv entkräften, will er einer Schadensersatzpflicht entgegen[3].

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 8.1.2004, IX ZR 30/03

[1] Vgl. § 240 ZPO
[2] Überdies wären möglicherweise Anfechtungstatbestände verwirklich worden, vgl. § 30 Nr. 2 KO

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