Leitsatz

Die Befristung eines Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit führt in der Praxis immer wieder zu erheblichen Schwierigkeiten. Sind dem Unterhaltsberechtigten ehebedingte Nachteile entstanden, kann sich die Befristungsentscheidung daran orientieren, ob und ggf. wie lange der unterhaltsberechtigte Ehegatte benötigt, seinen angemessenen Bedarf wieder in vollem Umfang selbst sicherzustellen. Liegen keine ehebedingten Nachteile vor, ist fraglich, wieweit die sog. nacheheliche Solidarität des unterhaltspflichtigen Ehegatten reicht.

 

Sachverhalt

Die Parteien heirateten im Jahre 1979. Aus ihrer Ehe gingen zwei in den Jahren 1981 und 1983 geborene Kinder hervor. Die Trennung der Parteien erfolgte im Sommer 1991. Die Ehe wurde am 8.12.1992 rechtskräftig geschieden. Die elterliche Sorge für beide Kinder wurde der Ehefrau übertragen.

Der im Jahre 1951 geborene Kläger war selbständiger Architekt, die 1953 geborene Beklagte bezog seit 2002 Erwerbsunfähigkeitsrente wegen völliger Erwerbsunfähigkeit aufgrund eines Wirbelsäulenleidens. Sie hatte bereits gegen Ende der Ehe eine Teilzeittätigkeit ausgeübt, erlitt dann 1996 einen Bandscheibenvorfall, was zu einer zunächst vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit führte. Ab 1998 war sie wieder in Teilzeit erwerbstätig bis zu ihrer Verrentung.

Durch Vergleich vor dem OLG vom 12.1.2005 verpflichtete sich der Ehemann, ab Februar 2002 monatlichen Unterhalt von 700,00 EUR zu zahlen. Dabei wurde ein um Kindesunterhalt und Berufsbonus bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers von 2.200,00 EUR zugrunde gelegt sowie ein Renteneinkommen der Ehefrau von 800,00 EUR.

Der Kläger begehrte mit seiner Abänderungsklage die abgestufte Herabsetzung des Unterhalts bis zu seinem völligen Wegfall ab März 2011. Das AG hat den Unterhaltsanspruch bis einschließlich Februar 2011 befristet, hat die beantragte stufenweise Reduzierung des Anspruchs für die vorhergehende Zeit jedoch abgelehnt.

Gegen die erstinstanzliche Entscheidung wandte sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie die Abweisung der Klage weiterverfolgte. Sie berief sich im Wesentlichen darauf, eine Befristung des Krankheitsunterhalts komme jedenfalls in ihrer Situation - völlige Erwerbsunfähigkeit sowie erhebliche ehebedingte Nachteile - nicht in Betracht.

Ihr Rechtsmittel hatte ebenso wenig Erfolg wie die von dem Kläger eingelegte Anschlussberufung, mit der er eine stufenweise Reduzierung des Unterhalts ab März 2008 weiterverfolgte.

 

Entscheidung

Das OLG hat das erstinstanzliche Urteil bestätigt.

Der Anspruch der Ehefrau sei allerdings kein originärer Unterhaltsanspruch wegen Krankheit gemäß § 1572 Nr. 1 BGB, weil die Krankheit nicht in nahem Zusammenhang mit der im Jahre 1992 erfolgten Scheidung, sondern erst später aufgetreten sei. Nach dem im Jahre 1996 aufgetretenen Bandscheibenvorfall sei die Beklagte nach längerer Arbeitsunfähigkeit erneut erwerbstätig gewesen. Seit 2002 erhalte sie eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Im Übrigen sei man auch bei Abschluss des Vergleichs, dessen Abänderung der Kläger begehre, von einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit der Beklagten ausgegangen. Damit bestehe eine Bindung an den dem Vergleich zugrunde gelegten Tatsachen. Auch der Kläger gehe nicht davon aus, dass sich der Gesundheitszustand der Beklagten gebessert habe.

Nach § 1572 Ziff. 2 BGB sei Krankheitsunterhalt auch geschuldet, "solange und soweit" von dem geschiedenen Ehegatten vom Zeitpunkt der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes an eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden könne. Die Unterhaltskette sei nicht unterbrochen. Bei Auftreten der Erkrankung im Jahre 1996 sei das jüngere Kind 13 Jahre alt, somit noch betreuungsbedürftig, gewesen. Habe bei Beginn des Anschlussunterhalts aufgrund des weggefallenen früheren Anspruchsgrundes nur ein Anspruch auf einen Teil des vollen Bedarfs bestanden, so entstehe auch der Anspruch auf Anschlussunterhalt nur als solcher auf Teilunterhalt (BGH, FamRZ 2001, 1291).

Dieser Gesichtspunkt sei hier einschlägig, da die Beklagte im Jahre 1996 nicht mehr durch die Betreuung der beiden 13 und 16 Jahre alten Kinder vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert gewesen sei. Insofern hätte die Beklagte auch nach der damals maßgebenden großzügeren Rechtsprechung die Obliegenheit zu einer Halbtagstätigkeit gehabt. Tatsächlich arbeite sie auch in einer solchen Teilzeittätigkeit. Nur unter Berücksichtigung eines Einkommens aus einer Halbtagstätigkeit habe ihr deshalb vor dem Beginn der Erkrankung ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB zugestanden. Dementsprechend sei auch der Anschlussunterhalt nach § 1572 Nr. 2 BGB an sich begrenzt.

Allerdings komme dies hier nicht zum Tragen, da die Parteien in dem Vergleich die Zahlung des vollen Unterhalts (bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers nach Abzug von 1/7, abzüglich Renteneinkommen der Beklagten, hiervon die Hälfte) vereinbart hätten. Deshalb könne sich der Kläger jetzt auch nicht abweichend hiervon darauf berufen, an sich sei nur ein Teilunterhalt gesch...

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