Leitsatz

Ansprüche auf Miete aus Wohnraummietverträgen können im Urkundenprozess geltend gemacht werden (amtlicher Leitsatz des BGH).

 

Normenkette

ZPO § 592

 

Kommentar

Der Mieter einer Wohnung hatte die Miete wegen eines Mangels gemindert. Der Vermieter hat den geminderten Betrag im Urkundenprozess eingeklagt. Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen: Der Urkundenprozess sei bei der Wohnungsmiete jedenfalls dann unzulässig, wenn der Mieter von seiner Minderungsbefugnis Gebrauch gemacht habe.

Der BGH ist anderer Ansicht: Der für die Gewerbemiete zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat bereits im Jahr 1999 entschieden, dass Mietforderungen aus einem gewerblichen Mietverhältnis im Urkundenprozess eingeklagt werden können (BGH, Urteil v. 10.3.1999, XII ZR 321/97, NJW 1999, 1408). In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob dasselbe für die Wohnungsmiete gilt. Dies wurde zum Teil bejaht (z. B. LG Frankfurt, NZM 2000, 541; Braun in: MünchKomm § vor 592 ZPO Rdn. 3), zum Teil verneint (z. B. LG Göttingen, NZM 2000, 1053; Eisenschmid in: Schmidt-Futterer Mietrecht 8. Aufl. § 536 Rdn. 434, 370).

Das Problem ergibt sich aus der unterschiedlichen Ausgestaltung des Gewährleistungsrechts. Bei der Gewerbemiete sind abweichende Vereinbarungen über das Minderungsrecht möglich. Bei der Wohnungsmiete kann dagegen die Befugnis des Mieters zur Minderung weder ausgeschlossen noch in irgendeiner Weise beschränkt werden. Macht der Vermieter die geminderte Miete im Urkundenprozess geltend, so wird der Mieter zunächst zur Zahlung verurteilt; die Berechtigung zur Minderung wird erst im Nachverfahren geprüft. Wegen dieser faktischen Benachteiligung des Mieters wird vertreten, dass der Urkundenprozess auf die Gewerbemiete beschränkt ist.

Der BGH teilt diese Auffassung nicht: Der Urkundenprozess ist in den §§ 592 ff. ZPO geregelt. Die Vorschrift gilt unterschiedslos für alle Geldforderungen. Voraussetzung ist allein, dass der Kläger die zur Begründung seiner Ansprüche maßgeblichen Tatsachen durch Urkunden beweisen kann. Der Vermieter muss nur beweisen, dass ein Mietvertrag besteht, aus dem ihm eine bestimmte Miete zusteht. Dieser Beweis kann durch die Vorlage der Mietvertragsurkunde geführt werden. Der Mieter muss den Mangel beweisen. Da dieser Beweis nicht durch Urkunden geführt werden kann, ist der Mieter auf das Nachverfahren zu verweisen. Der BGH hat offen gelassen, ob eine andere Beweislastverteilung gilt, wenn der Mieter wegen des Mangels ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete (§ 320 BGB) geltend macht.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 01.06.2005, VIII ZR 216/04, WuM 2005, 526 = GE 2005, 986 = NJW 2005, 2701

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