Leitsatz

Geschiedene Eheleute stritten um den Zugewinnausgleich. Zentrales Problem dieser Entscheidung war insbesondere die Bewertung des Anteils des Ehemannes an einer Zahnarztpraxis.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren seit dem 2.9.2003 rechtskräftig voneinander geschieden. In der aus dem Scheidungsverfahren abgetrennten Folgesache stritten sie um den Zugewinnausgleich. Sie hatten am 18.12.1987 geheiratet und seit April 1998 getrennt gelebt. Der Scheidungsantrag war der Antragsgegnerin am 13.4.1999 zugestellt worden.

Der Antragsteller war Zahnarzt und betrieb mit einem Kollegen eine Gemeinschaftspraxis. Die Antragsgegnerin - von Beruf Bankfachwirtin - war während der Ehezeit seit der Geburt des älteren Sohnes im April 1990 keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen und hatte sich der Betreuung der beiden gemeinsamen Kinder gewidmet. Der jüngere Sohn war im Juni 1992 geboren worden.

Das erstinstanzliche Gericht hatte zum Wert des Anteils des Antragstellers an der Zahnarztpraxis ein schriftliches Gutachten eingeholt und den Antrag der Antragsgegnerin auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs i.H.v. 258.164,31 EUR abgewiesen.

Hierbei war es von einem aktiven Endvermögen des Antragsgegners von 1.773.966,91 DM ausgegangen und zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten i.H.v. 1.643.109,15 DM. Das um die Verbindlichkeiten bereinigte Endvermögen von 130.857,76 DM stelle den von dem Antragsteller erwirtschafteten Zugewinn dar, da Anfangsvermögen nicht zu berücksichtigen sei. Dieser Zugewinn übersteige denjenigen der Antragsgegnerin nicht, der vom AG mit 169.248,16 DM ermittelt worden war.

In seiner Begründung nahm das AG Bezug auf die damalige BGH-Rechtsprechung zum Verbot der Doppelverwertung bei Unterhalt und Zugewinnausgleich (FamRZ 2003, 432) sowie auf die Entscheidung des OLG Oldenburg in FamRZ 2006, 1031 ff. Der Wert des Anteils des Antragstellers an der Zahnarztpraxis sei bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs nicht berücksichtigt, weil hieraus schließlich schon der Unterhalt fließe. Deshalb habe auch die nach Vorlage des Gutachtens weiterhin streitige Frage nicht aufgeklärt werden müssen, wie hoch der Wert des Anteils an der Praxis zum Stichtag tatsächlich war.

Gegen das erstinstanzliche Urteil wandte sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren in reduziertem Umfang weiterverfolgte und einen Zugewinnausgleich i.H.v. 203.069,13 EUR begehrte.

Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin hatte zum Teil Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG orientierte sich an dem Rechenweg des erstinstanzlichen Gerichts, der nicht zu beanstanden sei. Eines näheren Eingehens bedürfe es nur hinsichtlich der in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht streitigen Positionen.

Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts nicht, wonach der Wert des Praxisanteils unberücksichtigt bleiben müsse, weil hieraus schon der Unterhalt zu finanzieren sei. Der Wert des Anteils des Antragstellers an der Gemeinschaftspraxis wurde mit 321.157,00 DM zum Stichtag in das Endvermögen des Antragstellers eingestellt.

Der BGH habe in seinem wegweisenden Urteil vom 6.2.2008 ausgeführt, die Richtlinie der Bundesärztekammer für die Bewertung von Arztpraxen stelle grundsätzlich eine geeignete Bewertungsmethode dar. Die Berücksichtigung des um die subjektiven Komponenten bereinigten, zutreffend ermittelten good will im Endvermögen des Praxisinhabers laufe nicht darauf hinauf, dass künftig zu erzielende Gewinne kapitalisiert und güterrechtlich ausgeglichen würden. Vielmehr werde hierdurch nur der am Stichtag vorhandene, in der Ehezeit erworbene Wert der Praxis bzw. des Praxisanteils erfasst, der sich in der bis dahin aufgebauten und zum maßgeblichen Zeitpunkt von Nutzungsmöglichkeit niederschlage. Künftige Erträge und Nutzungen seien allenfalls Grundlage der Bewertung des good will (OLG Hamm, Urt. v. 25.11.1998 - XII ZR 84/97, FamRZ 1999, 361 [363]; Hoppenz FamRZ 2006, 1242, 1244 und 1033; Borth FamRB 2002, 371, 374). Der Sachverständige habe den Unternehmenswert - wie vom BGH gefordert - als Summe von Substanzwert und immateriellem Wert und damit methodisch richtig ermittelt. Ihm hätten die Bilanzen - Gewinnermittlungen gemäß § 3 Abs. 3 EStG für die drei Jahre vor dem Stichtag und das Folgejahr vorgelegen. Daneben habe er über Inventarlisten und weitere Unterlagen verfügt und die Praxisräume berücksichtigt. Die zugrunde liegenden Tatsachen würden von den Parteien nicht in Frage gestellt.

Der Sachverständige sei nach seinen Ausführungen bewusst von der Methode der Bundesärztekammer abgewichen. Er habe dargelegt, dass er sie für nicht geeignet halte, weil sie zu unrealistisch niedrigen Ergebnissen gelange. Die Bundesärztekammer selbst sei im Oktober 2008 von ihrer Empfehlung abgerückt und rechne jetzt ähnlich wie er nach einer Ertragswertmethode.

Im konkreten Fall habe der Sachverständige den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung getragen. Er habe berücksichtigt, dass die Immobilie dem Mitinhaber gehöre und ihm die Mieteinkünfte allein zu...

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