Die Vorschriften über den Zugewinnausgleich sollen für den Regelfall einer Zugewinngemeinschaftsehe ("gesetzlicher Güterstand") sicherstellen, dass die Ehepartner im Falle einer Scheidung an dem während der Ehe erworbenen Vermögen je zur Hälfte partizipieren. Die hälftige Teilung des Zugewinns basiert auf der Vermutung, dass beide Ehepartner zu dem in der Ehe erwirtschafteten Zugewinn gemeinsam beigetragen haben und der jeweilige Vermögenszuwachs auch auf die in der Ehe gelebte Rollen- und Aufgabenverteilung zurückzuführen ist.

So hat etwa eine Frau, die sich während der Ehe vorwiegend um den Haushalt und die Kinder gekümmert hat, durch diese Aufgabenverteilung mit dazu beigetragen, dass sich der Gatte seiner beruflichen Karriere widmen konnte.

Das in der Ehe erworbene Vermögen wird jedoch nicht gemeinschaftliches Eigentum beider Ehegatten. Vielmehr besteht während der Ehe Gütertrennung, d.h. jeder Ehegatte bleibt grundsätzlich Eigentümer seines Vermögens und als solcher verfügungsberechtigt. Zu einem finanziellen Ausgleich kommt es erst bei Beendigung des Güterstandes in Gestalt des sog. "Zugewinnausgleichs". Hierbei erhält der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, die Hälfte der Differenz zum Zugewinn des anderen Partners als Ausgleich. An diesem "Halbteilungsgrundsatz" ändert sich durch die Reform nichts. Allerdings hat sich in der Praxis gezeigt, dass es bei einer bevorstehenden Scheidung häufig zu unredlichen Vermögensmanipulationen zu Lasten des Noch-Ehegatten kommt. Außerdem wurde vielfach als ungerecht empfunden, dass bislang in die Ehe gebrachte Schulden bei der Berechnung des Zugewinns unberücksichtigt blieben. Diese Gerechtigkeitsdefizite wurden durch die Güterrechtsreform beseitigt.

Die Änderungen im Zugewinnausgleichsverfahren beziehen sich nicht nur auf Ehegatten, sondern gleichermaßen auf gleichgeschlechtliche Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, für die gemäß § 6 LPartG die Vorschriften über den Zugewinnausgleich entsprechend gelten.

Darüber hinaus bringt das Reformgesetz Erleichterungen für Vormünder, Betreuer und Pfleger bei der ihnen obliegenden Vermögensverwaltung des Mündels bzw. Betreuten, indem diesen Personen der Zugang zum automatisierten Zahlungsverkehr ermöglicht wird.

1.2.1 Änderungen beim Zugewinnausgleichsverfahren

1.2.1.1 Berücksichtigung von Schulden bei der Eheschließung

Nach früherer Gesetzeslage (vor 2009) konnte das Anfangsvermögen eines Ehegatten niemals negativ sein. Schulden, die ein Ehegatte mit in die Ehe brachte und die wirtschaftlich zu einer negativen Vermögensbilanz führten, blieben bei der Berechnung des Zugewinns außen vor. Nach der früheren Rechtslage konnten Verbindlichkeiten nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden, sodass das Anfangsvermögen rechnerisch immer mindestens Null betrug. Damit ging auch der verschuldete Ehegatte im Rahmen der Zugewinnberechnung stets zumindest mit +/- 0,00 EUR in die Ehe. Hatte er während der Ehe sog. "privilegierten Erwerb" - etwa eine Erbschaft - zu verzeichnen, so war sein Anfangsvermögen sogar positiv, da der privilegierte Erwerb nach der Rechtsprechung des BGH nicht mit den Schulden zu verrechnen war (BGHZ 129, 311 = NJW 1995, 2165 = FamRZ 1995, 990).

Hatte ein Ehepartner im Laufe der Ehe - außerhalb der nach § 1374 Abs. 2 BGB privilegierten Erwerbstatbestände - mit seinem hinzu erworbenen Vermögen nur seine Schulden getilgt, so musste er diesen Vermögenszuwachs bislang nicht ausgleichen. Benachteiligt war dagegen ein Ehegatte, der die Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten getilgt und zusätzlich eigenes "positives" Vermögen erwirtschaftet hatte. Hier blieben nicht nur die Schuldentilgung und der damit verbundene Vermögenszuwachs des Partners unberücksichtigt; der Ehegatte musste bei Beendigung des Güterstandes darüber hinaus unter Umständen auch noch das eigene Vermögen teilen.

Diese den ausgleichspflichtigen Ehepartner benachteiligende Unzuträglichkeit wurde 2009 abgeschafft. Ein negatives Anfangsvermögen wird seit dann in der Zugewinnberechnung berücksichtigt und somit der wahre wirtschaftliche Zugewinn erfasst.

 
Praxis-Beispiel

Der Ehemann hat vor der Hochzeit sein gesamtes Vermögen in die Gründung seiner Anwaltskanzlei gesteckt und dazu auch einen Kredit in Höhe von 30.000 EUR aufgenommen. Bei der Scheidung hatte er den Kredit zurückgezahlt und zusätzlich ein Endvermögen von 50.000 EUR angehäuft. Die Ehefrau war schuldenfrei in die Ehe gegangen und hat als Architektin einen Zugewinn von 80.000 EUR erzielt.

Durch die Berücksichtigung des negativen Anfangsvermögens wird der wahre wirtschaftliche Zugewinn eines jeden Ehegatten erfasst. Dieser beträgt bei M nach wirtschaftlicher Betrachtung ebenfalls 80.000 EUR. Damit stehen sich bei M und F gleich große Zugewinne gegenüber, sodass keiner von beiden einen Anspruch auf Zugewinnausgleich hat.

 
    Anfangsvermögen Endvermögen Zugewinn Ausgleichsforderung
wirtschaftliche Berechnung M: -30.000 50.000 80.000 0
F: 0 80.000 80.000 0
Berechnung M: -30.000 50.000 80.000 0
F: 0 80.000 80.000 0

Privilegierter Erwerb eines Ehegatten wird nach § 1374 Abs. 2 BGB dem An...

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