Hinweis

"Der vorliegende Rotlichtverstoß kann auch nicht durch das Martinshorn nebst Blaulicht gerechtfertigt werden."

Nach § 38 Abs. 1 S. 1 StVO darf blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn nur dann verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.

Eine solche Einsatzfahrt lag nicht vor. Das Polizeifahrzeug war auf dem Weg zu einem Einsatz im (…). Der Einsatzanlass war ein lediglich ein (…). Vor diesem Hintergrund hätte das Polizeifahrzeug der Beklagten nicht das Rotlicht missachten dürfen.

Selbst wenn man aber die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 S. 1 StVO für gegeben ansehen würde, bedeutet dies nicht, dass sich der Fahrer des Polizeifahrzeugs korrekt verhalten hätte. Der Inhalt der dann vorhandenen Sonderrechte ist nach § 35 StVO zu bestimmen.

Nach § 35 Abs. 8 StVO dürfen die Sonderrechte nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.

Dies bedeutet, dass in einen Kreuzungsbereich bei Rotlicht nur dann eingefahren werden darf, wenn man sich hierbei sorgfältig und vorsichtig in die Kreuzung hineintastet; also hierbei die Geschwindigkeit des Fahrzeugs auf unter 20 km/h reduziert wird, was vorliegend nicht der Fall war.“

 

Erläuterung:

Bei einem Verkehrsunfall mit einem Polizeifahrzeug oder einem anderen Einsatzfahrzeug, der sich in einem beampelten Kreuzungsbereich ereignet hat und bei dem seitens des Polizeifahrzeugs das Rotlicht missachtet wurde, wird behördlicherseits in aller Regel lediglich pauschal damit argumentiert, dass neben dem Martinshorn auch das Blaulicht aktiviert gewesen wäre und man dementsprechend das Rotlicht missachten durfte.

In aller Regel sind sich auch beide Beamten in dem Polizeifahrzeug einig, dass sowohl das Martinshorn als auch das Blaulicht aktiv war.

Dies ist jedoch behördlicherseits kein "Freifahrtschein". Zum einen ist nach dem Anlass der Einsatzfahrt genauestens zu fragen. Zum anderen rechtfertigt auch nicht ein nach der Straßenverkehrsordnung ausreichender Anlass jegliches Überqueren des Kreuzungsbereiches. Die Geschwindigkeit des Polizeifahrzeugs ist in einem erheblichen Umfang zu reduzieren.

Eine solche Geschwindigkeitsreduzierung ist in aller Regel aber nicht anzutreffen. Hier mag man zwar den "Einsatzwillen" der Polizeibeamten schätzen wollen. Zu berücksichtigen ist aber, dass das Einfahren in einen Kreuzungsbereich bei Rotlicht ein extremes Gefährdungspotenzial mit sich bringt und dementsprechend zu Recht mit den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zu fordern ist, dass die Geschwindigkeit in einem wesentlichen Umfange reduziert wird.

Autor: Stefan Herbers

RA Stefan Herbers, FA für Verkehrsrecht, Oldenburg

zfs 9/2018, S. 483

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge