"… [7] II. 1. Das OLG Düsseldorf ist als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes gem. § 36 Abs. 2 ZPO berufen, weil das zuerst mit der Sache befasste LG Krefeld in seinem Bezirk liegt."

[8] 2. Nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimmt das im Rechtszug zunächst höhere Gericht das zuständige Gericht, wenn mehrere Parteien, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.

[9] a) Der Kl. nimmt die Bekl. als Streitgenossen i.S.d. §§ 59, 60 ZPO in Anspruch. § 60 ZPO beruht weitgehend auf Zweckmäßigkeitserwägungen und ist deshalb grds. weit auszulegen. Dies gestattet es, auch ohne Identität oder Gleichheit des tatsächlichen und rechtlichen Grundes der geltend zu machenden Ansprüche Streitgenossenschaft anzunehmen, wenn diese Ansprüche in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt (BGH NJW-RR 2011, 1137). Der Kl. nimmt die Bekl. wegen der Mangelhaftigkeit seines Fahrzeugs aufgrund falscher Angaben über den Schadstoffausstoß in Anspruch und stützt seinen Ansprüche gegenüber beiden Bekl. jedenfalls auch darauf, dass sie ihn zurechenbar arglistig getäuscht hätten. Der sachliche Zusammenhang wird nicht dadurch aufgehoben, dass der Kl. gegen die Bekl. zu 1) auch Ansprüche aus dem Kaufvertrag geltend macht. Trotz der bestehenden Unterschiede erscheinen die erhobenen Ansprüche ihrem Wesen nach gleichartig, weil der Kl. seine Ansprüche damit begründet, bei dem Kauf seines Fahrzeugs arglistig getäuscht worden zu sein, mit der Folge, ein mangelhaftes Fahrzeug erworben zu haben, wozu beide Bekl. als Händler bzw. als Hersteller des Dieselmotors einen Beitrag geleistet haben.

[10] Im Ergebnis kommt es jedoch nicht darauf an, ob die Bekl. als Streitgenossenschaft gem. §§ 59, 60 ZPO anzusehen sind, denn die Frage, ob die Bekl. Streitgenossen i.S.d. § 60 ZPO sind, ist hier nicht entscheidungserheblich.

[11] Eine Gerichtsstandbestimmung scheidet nämlich bereits wegen des Bestehens eines gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstands beider Bekl. aus.

[12] Der Senat ist daher im Hinblick auf die Entscheidung des OLG Nürnberg (Urt. v. 25.4.2017 – 1 AR 749/17) nicht gehalten, die Sache gem. § 36 Abs. 3 ZPO dem BGH zur Entscheidung vorzulegen.

[13] b) Die Bekl. haben ihren jeweiligen allgemeinen Gerichtsstand bei unterschiedlichen Gerichten. Die Bekl. zu 1) hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem LG Krefeld. Die Bekl. zu 2) ist im Bezirk des LG Braunschweig ansässig und hat dort ihren allgemeinen Gerichtsstand.

[14] c) Die Gerichtsstandsbestimmung ist gleichwohl abzulehnen, da die Bekl. über einen gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstand verfügen. Dabei hat der Senat im Rahmen des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens nach § 36 ZPO nicht zu prüfen, ob die geltend gemachten Ansprüche tatsächlich bestehen. Auszugehen ist vielmehr von den Tatsachenbehauptungen des Kl. (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 36 Rn 18).

[15] Zwar besteht kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes, jedoch sind – nach dem Klägervortrag – die Voraussetzungen des § 32 ZPO für beide Bekl. erfüllt.

[16] aa) Für die Bekl. zu 1) besteht neben ihrem allgemeinen Gerichtsstand in Krefeld noch ein besonderer Gerichtsstand bei dem LG Fulda. Dort liegt der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO), an dem die nachrangig geltend gemachte Rückgewährverpflichtung aus Vertrag zu erfüllen ist. Für Rückabwicklungsschuldverhältnisse bei Kaufverträgen ist der einheitliche Erfüllungsort bei Klagen des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache dort, wo sich die Kaufsache zum Zeitpunkt der Entstehung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses (hier: Rücktritt, Anfechtung) nach dem Vertrag befindet (Zöller/Vollkommer, § 29 Rn 25 Stichwort: Kaufvertrag). Das ist vorliegend der Wohnort des Kl. im Zeitpunkt des Rücktritts.

[17] Im Verhältnis zu der Bekl. zu 2) besteht der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes nicht, denn der Kl. und die Bekl. zu 2) sind nicht vertraglich verbunden. Die Ansprüche des Kl. gegen die Bekl. zu 2) stützen sich ausschließlich auf deliktische Anspruchsgrundlagen. Die Anwendbarkeit des § 29 ZPO setzt aber schon nach dem Gesetzeswortlaut Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis bzw. über das Bestehen eines solchen voraus. Ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO für beide Bekl. ist daher nicht gegeben.

[18] bb) Nach dem für das Bestimmungsverfahren maßgebenden Vorbringen des Kl. sind jedoch die Voraussetzungen des § 32 ZPO für beide Bekl. erfüllt.

[19] Gemäß § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubter Handlung das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Den Begriff der unerlaubten Handlung bestimmt das bürgerliche Recht; er ist nach materiellem Recht zu qualifizieren. Er umfasst jeden rechts...

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