"… 11. Die Berufung des Kl. ist nach den hierfür maßgebenden Bestimmungen der §§ 511 ff. ZPO nicht nur statthaft und im Übrigen zulässig (sub a), sondern das Rechtsmittel könnte auch begründet sein."

Denn das angefochtene Urteil leidet insofern unter Rechtsfehlern i.S.d. § 513 Abs. 1 ZPO, als das LG zum einen zu Unrecht den Kl. hinsichtlich der nachteiligen Folge des Software-Updates in vollem Umfang für darlegungspflichtig gehalten und ferner das diesbezügliche Vorbringen des Kl. als nicht hinreichend substantiiert angesehen hat. Zum anderen hat das LG zu Unrecht eine Nachfristsetzung des Kl. verlangt. Schließlich hat das LG § 296a ZPO unzutreffend angewandt.

Bei zutreffender Rechtsanwendung sowie unter Berücksichtigung des sehr wohl hinreichenden Vorbringens des Kl., und zwar einschließlich seines nach Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug angebrachten weiteren Vorbringens, ist die Sache allerdings noch nicht zur Entscheidung reif, sondern es bedarf zunächst einiger Hinweise und anschließend voraussichtlich der Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Im Einzelnen:

a) Indem der Kl. die das angefochtene Urteil tragenden Erwägungen des LG, sein Vorbringen zur unzureichenden Mängelbeseitigung durch das Software-Update sei nicht hinreichend substantiiert und es habe der Setzung einer Frist zur Mängelbeseitigung bedurft, angegriffen hat, hat er seine Berufung auch i.S.d. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend begründet.

b) Die angefochtene Entscheidung des LG leidet unter mehreren bedeutsamen Rechtsfehlern i.S.d. § 513 Abs. 1 ZPO.

aa) Zum einen hat das LG, indem es zunächst den Kl. als Käufer für darlegungspflichtig auch das Gelingen der Nachbesserung durch das Software-Update betreffend angesehen und sodann sein Vorbringen zu den nunmehr vorhandenen Mängeln am erworbenen Pkw als nicht hinreichend substantiiert gewürdigt hat, sowohl die Darlegungslast falsch verteilt als auch die Anforderungen an eine hinreichende Substantiierung des Vorbringens des Kl. als Käufer überzogen.

(1.) Ganz unabhängig von dem Streit der Parteien über die Einhaltung von Grenzwerten ohne den im Sinne der Abgasrückführung optimierten Betriebsmodus der Zeit vor dem Software-Update vom 16. bzw. 27.9.2017 war das vom Kl. erworbene Fahrzeug schon deshalb mangelhaft, weil die für die Betriebszulassung notwendige Typengenehmigung unter Einsatz einer Software für die Motorsteuerung erwirkt wurde, die für den für die Einhaltung von Grenzwerten maßgebenden Betrieb des Pkw auf einem Emissionsprüfstand einen speziellen Betriebsmodus vorsah, ohne die für die Genehmigung zuständige Behörde hiervon in Kenntnis zu setzen. Auch wenn das Kraftfahrtbundesamt (KBA) von einem Widerruf der Typengenehmigung wegen der unzulässigen Software abgesehen hat, stattdessen dem Hersteller Auflagen erteilt, einen von ihm erarbeiteten Maßnahmenplan für verbindlich erklärt und schließlich die bereitgestellte Software nach Prüfung freigegeben hat, hat bereits der bloße Einsatz der ursprünglichen Software zur Motorsteuerung mit dem speziellen Betriebsmodus einen Sachmangel aller damit ausgerüsteten Pkw begründet. Der Senat hat dies bereits in dem veröffentlichten Beschl. v. 20.12.2017 – 18 U 112/17 (abgedr. etwa in NZV 2018, S. 72 ff.) näher ausgeführt. Hierauf wird Bezug genommen.

Dementsprechend kommt es für die anfängliche Mangelhaftigkeit des vom Kl. erworbenen Pkw nicht darauf an, welche der voneinander abweichenden Behauptungen der Parteien zur Einhaltung der für Stickstoffoxid-Emissionen vorgesehenen Grenzwerte in der Zeit vor dem Software-Update zutrifft.

(2.) Richtig ist sodann, dass den Käufer u.U. die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlschlagen einer vorgenommenen Nachbesserung treffen kann. Indessen liegt darin eine Umkehr der gewöhnlichen Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB. Steht nämlich – wie hier – ein Sachmangel bei Gefahrübergang fest, steht damit ebenfalls fest, dass der Anspruch des Käufers auf Übergabe und Übereignung einer mangelfreien Sache zunächst nicht vollumfänglich erfüllt worden ist und dass der Käufer gem. § 437 Nr. 1 BGB Nacherfüllung verlangen kann. Der Nacherfüllungsanspruch ist aber lediglich eine Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2012 – VIII ZR 226/11, juris Rn 24), sodass es bei der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast des Schuldners für das Gelingen der (Nach-)Erfüllung als Ausgangspunkt verbleibt.

Eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast in diesem Zusammenhang bedarf deshalb einer Rechtfertigung im Gesetz, und diese entnimmt der BGH § 363 BGB. Danach trifft den Käufer (nur) dann die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Umstände, wenn er eine ihm als (Nach-)Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 43/05, juris Rn 20 sowie Urt. v. 11.2.2009 – VIII ZR 274/07, juris Rn 15).

(3.) Stellt man nun auf den oben besch...

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