Dass das Tatgericht den Wegfall des Fahrverbots auf der Rechtsfolgenseite ablehnt, sei es, weil eine unverhältnismäßige Härte nicht vorliegt, oder sei es, weil trotz des absolvierten Nachschulungskurses weiterhin die Erforderlichkeit des Fahrverbots als gegeben erachtet wird, ist als Ermessensentscheidung des Gerichts bei entsprechender Begründung grds. nicht zu beanstanden. Um bei absolviertem Nachschulungskurs die Erforderlichkeit des Fahrverbots verneinen zu können, müssten ohnehin noch weitere Voraussetzungen vorliegen, etwa die fehlende verkehrsrechtliche Vorbelastung, das Fehlen von Vorsatz etc.

Die alleinige Berufung auf die Entscheidung des OLG Bamberg genügt mir persönlich allerdings nicht. Denn in einer tatrichterlichen Entscheidung muss auch ersichtlich sein, dass die von Amts wegen vorzunehmende (und bspw. hier seitens der Betr. sogar hilfsweise begehrte) Prüfung des § 4 Abs. 4 BKatV (Absehen vom Fahrverbot) ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Einzig für den Fall des besonders schweren Verstoßes kann das Gericht davon absehen, die Prüfung eines Absehens von der Anordnung des Fahrverbots überhaupt durchzuführen (OLG Hamm, Beschl. v. 1.7.2011 – III-1 RBs 99/11, juris).

Es ist fraglich, was ein Betr. neben einer freiwillig besuchten verkehrspsychologischen Nachschulung samt der schriftsätzlich bekundeten Einsicht in die Verantwortlichkeit für den Verstoß noch tun soll, um das Tatgericht im Rahmen des § 4 Abs. 4 BKatV davon zu überzeugen, dass eine weitere verkehrserzieherische Einwirkung im Sinne eines Denkzettels nicht mehr erforderlich sei. Wenn man sich demgegenüber vergegenwärtigt, dass ein Betr. an einem anderen Tatgericht mit bloßem Sachvortrag schon das Absehen vom Fahrverbot gegen Verdoppelung der Geldbuße (hier z.B. 320 EUR, was sogar noch weniger ist als die Kosten für das Seminar) erreichen könnte, ist es für den Verteidiger umso wichtiger, den Hilfsantrag auf Beachtung des § 4 Abs. 4 BKatV ins Bewusstsein des Gerichts zu bringen und ggf. vom Gericht die Aspekte einzufordern, die der Betr. erbringen müsste, um dem Gericht zu einer entsprechenden betroffenengünstigen Entscheidung zu verhelfen. Der Betr. hat nämlich keinerlei Darlegungs- oder Beweislast (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.11.2015 – 3 (5) SsBs 575/15, juris).

Ansonsten ist hinsichtlich der hier im Streit stehenden verkehrspsychologischen Nachschulung stets auf die regionalen Besonderheiten zu achten: Sieht das Gericht nach Absolvieren des Kurses bereits die Erforderlichkeit des Fahrverbots nicht mehr für gegeben an? Oder kann nur auf der Ebene des § 4 Abs. 4 BKatV argumentiert werden? Wird das Seminar nur als Argument angesehen, wenn es tatsächlich ohne vorherige Rücksprache belegt wird oder kann das Seminar auch erst begonnen werden, nachdem man sich, insb. wegen des zeitlichen und monetären Aufwands beim Tatrichter rückversichert hat? All das muss der Verteidiger vorab bedenken und aktiv vorbereiten.

RiAG Dr. Benjamin Krenberger

zfs 8/2017, S. 471 - 472

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