[16] "… 2. Anders als das LG in erster Instanz entschieden hat und die Revisionserwiderung weiterhin geltend macht, scheitert die Klage nicht daran, dass die Abtretung des Deckungsanspruchs an die Kl. nach Nr. 12. 4 S. 2 OLA unwirksam ist."

[17] a) Die Kl. ist hier als Tochterunternehmen der VN in den Versicherungsschutz einbezogen. Nr. 12. 4 OLA bestimmt, dass der Freistellungsanspruch des Versicherten vor einer endgültigen Feststellung weder abgetreten noch verpfändet werden kann; ausgenommen davon ist – wegen der zwingenden Regelung in § 108 Abs. 2 VVG – lediglich die Abtretung an den geschädigten Dritten. Ob in sog. Innenhaftungsfällen der D&O-Versicherung der geschädigte VN Dritter i.S.v. § 108 Abs. 2 VVG und entsprechender Abtretungsklauseln der Versicherungsbedingungen sein kann, ist in der Literatur umstritten. Die Frage stellt sich in gleicher Weise, wenn der Freistellungsanspruch – wie hier – an ein in den Versicherungsvertrag einbezogenes Tochterunternehmen der VN abgetreten wird.

[18] b) Der verbreiteten Auffassung, Dritter i.S.d. Regelung zum Abtretungsverbot könne nur sein, wer außerhalb des Versicherungsverhältnisses stehe, was auf den VN als Partei des Versicherungsvertrages nicht zutreffe (Armbrüster, r+s 2010, 441, 448 f. … ), liegt im Wesentlichen die Befürchtung zugrunde, eine Vereinigung von Haftpflicht- und Freistellungsanspruch in einer Hand erhöhe die Missbrauchsgefahr, die in der Haftpflichtversicherung aus einem kollusiven Zusammenwirken (“friendly understanding’) der versicherten Person und des VN ohnehin entstehen könne. … Trete der Versicherte den Deckungsanspruch an den geschädigten VN ab, habe das zur Folge, dass der VN, der – wenn auch in gewissen Grenzen – den Versicherer bei der Abwehr des Haftpflichtanspruchs unterstützen solle, selbst Inhaber dieses Anspruchs werde. Die Regelung des § 108 Abs. 2 VVG beruhe auf zwei für die D&O-Versicherung nicht zutreffenden Erwägungen des Gesetzgebers. Er habe es zum einen VN ermöglichen wollen, sich aus der gesamten Schadenangelegenheit herauszuziehen und stattdessen dem Geschädigten einen Zahlungsanspruch gegen den Versicherer zu verschaffen; zum anderen habe der Geschädigte, der oft keine Kenntnis vom Innenverhältnis zwischen Versicherer und VN habe, vor Nachteilen bei nachlässiger Behandlung der Angelegenheit durch den VN und vor dessen Insolvenz geschützt werden sollen (vgl. BT-Drucks 16/3945 S. 87). Diese Ziele würden aber verfehlt, wenn der Geschädigte selbst VN sei (Armbrüster, r+s 2010, 441, 448). Der Abtretbarkeit des Deckungsanspruchs stehe im Übrigen auch das Trennungsprinzip entgegen (Schimmer, VersR 2008, 875, 877).

[19] c) Die herrschende Meinung nimmt demgegenüber zutreffend an, auch ein Unternehmen sei als VN einer D&O-Versicherung in Innenhaftungsfällen geschädigter Dritter i.S.v. § 108 Abs. 2, so dass ein in AVB geregeltes Verbot, den Freistellungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag vor seiner endgültigen Feststellung abzutreten, der Abtretung an die geschädigte VN nicht entgegenstehe (Baumann, r+s 2011, 229, 230 ff.; Koch, r+s 2009, 133, 135 f.; Lange, r+s 2011, 185, 187; Langheid, NJW 2007, 3745, 3746 … ).

[20] Diese weite Auslegung des Begriffs “Dritter’ in § 108 VVG erscheint interessengerecht. Dafür spricht zunächst, dass die Missbrauchsgefahr, auf die sich die erstgenannte Auffassung wesentlich stützt, nicht auf die D&O-Versicherung beschränkt ist (Langheid, VersR 2009, 1043), sondern auch in anderen Sparten der Haftpflichtversicherung besteht, dass im Übrigen Missbrauch und kollusives Zusammenwirken zwischen VN oder versicherter Person und Geschädigtem auch dann möglich sind, wenn die Abtretung des Deckungsanspruchs unterbleibt (Terno, SpV 2014, 2, 5). Der Annahme, eine Vertragspartei könne nicht geschädigter “Dritter’ sein, liegt ersichtlich der gesetzliche Normalfall des § 100 VVG zugrunde, dass ein Haftpflichtversicherungsvertrag für eigene Rechnung geschlossen ist. Sie berücksichtigt aber nicht, dass bei einer Versicherung für fremde Rechnung, wie sie die hier in Rede stehende D&O-Versicherung darstellt, der Begriff des Geschädigten nicht in der Weise eingegrenzt werden kann, dass alle am Vertrag beteiligten Personen von vorn herein nicht geschädigte Dritte sein können. … Denn wenn der Versicherer unter anderem Schadensersatzansprüche der VN und ihrer Tochterunternehmen deckt, können diese auch die Stellung einer geschädigten Dritten einnehmen. Der VI. Zivilsenat des BGH hat zu einer Direktklage nach § 3 Nr. 1 PflVG a.F., der nach seinem Wortlaut ebenfalls voraussetzte, dass der Anspruchsteller “Dritter’ war, entschieden, dass der durch den Fahrer eines Kfz verletzte Kraftfahrzeughalter trotz seiner Stellung als VN der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ebenso wie ein nicht am Vertrage beteiligter Dritter einen Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer auf Ersatz seines Personenschadens erwerben könne. Soweit dem VN und Kraftfahrzeughalter ein vom Versicherungsvertrag gedeckter Anspruch gegen den Haftpfl...

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