Die abgedruckte Entscheidung behandelt die Frage des Regresses des VR des Hausrats eines VN gegen die Verursacherin eines Brandschadens. Sie macht notwendig, an einige Grundstrukturen des versicherungsvertraglichen Rückgriffsrechts zu erinnern, weil sie zwar im Ergebnis zutrifft, sich in ihrer Begründung aber von allen bekannten Argumentationslinien weit entfernt.

1. Verursacht ein Schädiger (hier: die geschiedene Ehefrau des VN) einen versicherten Schaden an Gegenständen, die im Eigentum des VN stehen, so schuldet er nach §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB dem Geschädigten (dem geschiedenen Ehemann und VN) Schadensersatz. Das gilt – anders als das OLG offenbar meint – bei jedem Verschuldensgrad. Nun könnte das OLG (unausgesprochen) an die Haftungsmilderung der §§ 1359, 277 BGB gedacht haben, die für Schadensersatzansprüche zwischen Ehepartnern gilt und ihre Grenze erst bei grober Fahrlässigkeit findet. Der VN und die Rückgriffsschuldnerin waren aber geschieden. Geschiedene genießen aber das mit dem Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft verbundene Haftungsprivileg nicht. Damit hätte das OLG es bewenden lassen können.

2. Ist der Geschädigte gegen Brandschäden am Hausrat versichert, kann er von seinem VR eine Entschädigung nach Maßgabe der AVB (VHB) verlangen. Der Anspruch des VN gegen den Dritten (des geschiedenen Ehemanns gegen die Schädigerin) geht dann nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf den VR über, soweit dieser dem VN den Schaden ersetzt. Das ist völlig unabhängig davon, ob der Schädiger, unsere Bekl., den Schaden grob oder leicht fahrlässig verursacht hat. Lediglich dann, wenn der VN (der geschiedene Ehemann) mit der Schädigerin (der geschiedenen Ehefrau) in häuslicher Gemeinschaft gelebt hätte (was nicht der Fall war), wäre Rückgriffsvoraussetzung Vorsatz (§ 86 Abs. 1 S. 2 VVG). Auch deshalb verwundert die abgedruckte Entscheidung.

3. Das OLG setzt sich weiter mit den Regressbeschränkungen für "Sachversicherer" auseinander. Die Rspr. hat in der Tat in Fällen fahrlässiger Schadensverursachung – meist Brandschäden – durch einen Mieter des VN einen sich aus der Auslegung des Versicherungsvertrags ergebenden konkludenten Regressverzicht des VR dem VN gegenüber entwickelt (BGH VersR 2006, 1530). Auslegungsgrundlage waren aber stets Gebäudeversicherungsverträge, bei denen vom VR gewissermaßen vorweggenommene Rücksichtnahme auf die besonderen vertraglichen Beziehungen zwischen einem Mieter und einem Vermieter eines Anwesens erwartet wurde. Die Rspr. hat die Übertragung dieser Grundsätze auf Hausratversicherungsverträge indessen ausdrücklich abgelehnt (BGH VersR 2006, 1398). Darauf geht das OLG nicht ein.

4. Unterstellt, die Grundsätze des konkludenten Regressverzichts aus der Gebäudeversicherung würden, wie das OLG offenbar meint, gelten, müsste sich, da sich der Versicherungsfall im Jahr 2009 ereignet hat, die Frage stellen, ob sich die Aufgabe des Alles-oder-Nichts-Prinzips durch § 81 VVG auf den Regress auswirken würde, ob sich also (in der Gebäudeversicherung) der konkludente Regressverzicht gewissermaßen ausdehnt: Darf künftig der Gebäudeversicherer bei grob fahrlässiger Verursachung eines Brandschadens gegen den Schädiger (Mieter oder Pächter) nur noch quotal Rückgriff nehmen? Dafür spricht in der Tat Manches (vgl. Staudinger/Kassing, VersR 2007, 10; Prölss/Klimke, VVG, § 43 Rn 25). Die Frage ist aber heftig umstritten (vgl. abl. MKVVG/Möller/Eggers, § 86 Rn 223). Den Streit hat das OLG – von seinem Standpunkt aus eigentlich inkonsequent – nicht angesprochen.

Prof. Dr. Rixecker

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