Der Verfasser hatte bereits im Jahre 2015[27] darauf hingewiesen, dass der Versicherer ggf. im Wege des Schadenersatzes in Anspruch genommen werden kann, wenn eine entsprechende Fahrerschutzversicherung nicht in den Versicherungsvertrag eingeschlossen wurde. Dies im Hinblick darauf, dass dem Versicherer häufig eine Beratungspflichtverletzung gegenüber dem Versicherungsnehmer vorzuwerfen ist.

Insoweit hatte bereits das OLG Frankfurt[28] entschieden, dass eine Beratungspflichtverletzung gegenüber dem Versicherungsnehmer dazu führt, dass der Versicherungsnehmer so zu stellen ist, wie er stünde, wenn er von der Versicherung richtig beraten worden wäre. Das OLG Frankfurt hatte in der angesprochenen Entscheidung deutlich gemacht, dass zunächst nach allgemeinen Beweisgrundsätzen der Kläger beweisverpflichtet dafür ist, dass ein Beratungsfehler vorliegt. Liegt aber ein unzureichendes, fehlerhaftes oder lückenhaftes Belehrungsprotokoll dem Vertragsabschluss zugrunde, so soll sich die Beweislast umkehren[29] mit der Folge, dass nunmehr der Versicherer beweisen muss, dass der Versicherungsnehmer das Produkt nicht einschließen wollte.

Das OLG Frankfurt hatte auf die besonderen Dokumentationsanforderungen des § 61 Abs. 1 VVG hingewiesen, dem seinerzeit nicht ausreichend Rechnung getragen wurde. Seinerzeit handelte es sich bei der Entscheidung des OLG Frankfurt um eine Gebäudeversicherung, bei deren Vertragsabschluss die Dokumentationspflichten nicht ausreichend wahrgenommen wurden. Genau in diesem Sinne hat nun das OLG Zweibrücken[30] eine vergleichbare Entscheidung im Hinblick auf die Fahrerschutzversicherung getroffen.

Ausgangspunkt war Folgendes:

Der Kläger hatte über einen Versicherungsagenten bei seiner Kfz-Versicherung einen Haftpflichtversicherungsvertrag und einen Vollkaskoversicherungsvertrag unter Einschluss einer Teilkaskoversicherung abgeschlossen. Nach Abschluss des Versicherungsvertrags ereignete sich ein Verkehrsunfall, bei welchem der Kläger mit seinem Kfz einem auf die Straße laufenden Hund auswich, was dazu führte, dass sich der Kläger als Führer seines Kfz mit seinem Auto überschlug. Seine Ehefrau starb infolge des Unfalls. Er selbst wurde schwer verletzt. Während für die verstorbene Ehefrau die Ansprüche gegenüber der Haftpflichtversicherung aus der Halterhaftung geltend zu machen waren, galt dies für die persönlichen Ansprüche des Klägers nicht. Dessen Ansprüche sind bekanntlich nach § 8 Nr. 2 StVG[31] aus der weiten Gefährdungshaftung ausgeschlossen. Für den Kläger bedeutete dies, dass er mangels Verschuldens eines Dritten und mangels der Beteiligung eines weiteren Fahrzeugs leer ausgehen würde. Der von dem Kläger beim LG gestellte Prozesskostenhilfeantrag zur Geltendmachung von Schadenersatz gegenüber seiner Haftpflichtversicherung wurde seitens des LG wegen mangelnder Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Dies sah das OLG Zweibrücken völlig zu Recht anders und gewährte dem Kläger Prozesskostenhilfe für eine Klage gegenüber seinem eigenen Haftpflichtversicherer. In der Entscheidung des OLG Zweibrücken wird zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einer sorgfältigen Beratung des Klägers dieser ebenfalls eine Fahrerschutzversicherung abgeschlossen hätte. Dies, obwohl im Versicherungsschein zur Fahrerschutzversicherung "nicht versichert" eingetragen war. Das OLG Zweibrücken wies darauf hin, dass dies irrelevant sei. Bereits der geringe Preis der Fahrerschutzversicherung sei ein Indiz dafür, dass der Kläger bei Kenntnis des Inhalts der Fahrerschutzversicherung eine solche abgeschlossen hätte. Dies gelte bei dem klägerischen Versicherungsvertrag einmal mehr, als dieser neben der pflichtigen Haftpflichtversicherung noch eine sehr teure Vollkaskoversicherung abgeschlossen habe. Da in der Versicherungsdokumentation im Übrigen nicht ausgeführt sei, warum der Kläger eine solche Fahrerschutzversicherung nicht habe abschließen wollen, ging der Senat davon aus, dass hier keine ausreichende Belehrung durch den Versicherungsagenten erfolgt sei. Dem kann nur zugestimmt werden. Dies folgt bereits aus den Vorschriften der §§ 6, 60 VVG. § 6 Abs. 1 S. 1 VVG verpflichtet den Versicherungsagenten, den Versicherungsnehmer zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Von daher wäre der Versicherungsagent gehalten gewesen, hier schriftlich zu dokumentieren, warum der Versicherungsnehmer das "kostengünstige Produkt der Fahrerschutzversicherung" nicht in den Versicherungsvertrag einschließen wollte. Kommt aber der Agent seiner Dokumentationsverpflichtung[32] nicht ausreichend nach und legt nicht dar, warum der Kunde die Fahrerschutzversicherung nicht abschließen wollte, so dreht sich nach der Rechtsprechung[33] die Beweislast um mit der Folge, dass der Versicherer nachweisen muss, dass der schwer verletzte Versicherungskunde das Produkt nicht einschließen wollte. Ein solcher Beweis wird schwerlich gelingen.

Dies führt dazu, dass der in der Unfallschadenregulierung tätige Rechtsanwalt tun...

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