"I. Die Klage ist zulässig, insb. besteht hinsichtlich des Antrags zu 2) ein Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO. Für den künftigen Schaden ist es zu bejahen, weil noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, ob und inwieweit sich die Rückstufung im Vermögen der Geschädigten tatsächlich nachteilig auswirken wird (vgl. BGH VersR 1992, 244)."

Die Klage ist auch begründet. Der Kl. hat gegen die Bekl. aus §§ 7 Abs. 1, 18 StVG, hinsichtlich der Bekl. zu 2) i.V.m. § 115 VVG einen Anspruch auf Ersatz der ihm entstandenen Schäden.

Die Kollision hat sich beim Betrieb der von dem Kl. und dem Bekl. zu 1) geführten Fahrzeuge ereignet, § 7 Abs. 1 StVG. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Kollision bei Anwendung höchster Sorgfalt für jeden der Unfallbeteiligten vermeidbar gewesen wäre, liegt ein unabwendbares Ereignis i.S.v. § 17 Abs. 3 StVG für keinen der Beteiligten vor.

Die beiderseitigen Verursachungsbeiträge sind daher gem. § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG gegeneinander abzuwägen. Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes hängt davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. In diese Abwägung sind lediglich unstreitige, zugestandene oder erwiesene Umstände einzubeziehen (vgl. BGH NJW 2000, 3069, Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2016, § 17 StVG Rn 31).

1. Dem Bekl. zu 1) ist ein Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO vorzuwerfen. Gegen ihn spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins, da es unstreitig nach Beginn des Abbiegevorgangs in die Hofeinfahrt und entsprechender Schrägstellung des Fahrzeugs des Bekl. zu 1) zu der Kollision gekommen ist.

Bei Zusammenstößen zwischen einem links in eine Grundstückseinfahrt abbiegenden Kfz und einem in gleicher Richtung fahrenden, den Linksabbieger überholenden Pkw spricht der Beweis des ersten Anscheins wegen der dem Linksabbieger abverlangten äußersten Sorgfalt für ein Verschulden des Linksabbiegers (OLG Bremen, Beschl. v. 1.9.2009 – 3 U 35/09, Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 9 StVO Rn 44, jeweils m.w.N.). Denn dieser kann den Unfall im Allgemeinen vermeiden, wenn er den ihm nach dem Verkehrsrecht obliegenden Pflichten genügt, insb. sich gem. § 9 Abs. 1 StVO durch Rückschau davon überzeugt, dass die von ihm zu überquerende Spur frei ist.

Der Anscheinsbeweis ersetzt bei typischen Geschehensabläufen aufgrund von Erfahrungssätzen den Nachweis eines schadhaften Verhaltens. Der typische Geschehensablauf muss dabei feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein. Dies ist hier der Fall. Es ist unstreitig, dass es zu einer Kollision zwischen dem nach links in eine Grundstückseinfahrt abbiegenden Pkw des Bekl. zu 1) und dem im Überholvorgang begriffenen, in gleicher Richtung fahrenden Pkw des Kl. kam. Nach der Lebenserfahrung lässt der Unfall auf die Außerachtlassung der nach § 9 Abs. 5 StVO erforderlichen besonderen Sorgfalt beim Abbiegen schließen. Denn wer abbiegen will, muss dies nach § 9 Abs. 1 StVO rechtzeitig und deutlich ankündigen, wer nach links abbiegen will, muss sich rechtzeitig möglichst weit links einordnen. Vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen ist auf den nachfolgenden Verkehr zu achten. Nach § 9 Abs. 5 StVO muss sich der Fahrzeugführer beim Abbiegen in ein Grundstück darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. An die Sorgfaltspflicht ist dann ein besonders hoher Maßstab anzulegen, da der nachfolgende Verkehr nicht mit gleicher Wahrscheinlichkeit wie bei einer abzweigenden Straße mit einem Abbiegen des Vordermannes rechnen muss. Da es zu dem Unfall gekommen ist, lässt sich nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises darauf schließen, dass der Bekl. zu 1) seinen Sorgfaltspflichten beim Abbiegen nicht gewissenhaft nachgekommen ist. Denn ein solcher Unfall läuft auf den ersten Blick regelmäßig und typisch nach dem Muster ab, dass der Linksabbieger nicht genügend vorsichtig auf ihn überholende Fahrzeuge achtet und ihnen den Vortritt lässt.

Die Bekl. haben diesen Anschein auch nicht zu erschüttern vermocht.

Sie haben bereits keine Umstände vorgetragen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen, untypischen Geschehensablaufs ergibt. Vielmehr hat der Bekl. zu 1) in seiner Anhörung lediglich angeben, er habe sich zur Mitte eingeordnet und angehalten, um Fußgänger passieren zu lassen. Damit hat der Bekl. zu 1) bereits nach seinen eigenen Angaben noch nicht einmal den Anforderungen des § 9 Abs. 1 StVO genügt, der eine doppelte Rückschaupflicht anordnet. Dieser nachgekommen zu sein, hat der Bekl. zu 1) nicht angegeben. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht ferner nicht fest, dass der Bekl. zu 1) seine Absicht, links abzubiegen, durch (rechtzeitiges) Blinken angekündigt hat. Zwar hat der Bekl. zu 1) in seiner Anhörung angegeben, links geblinkt zu haben. Diese Angabe begegnet aber bereits darum gewissen Zweifeln, weil der Bekl. zu 1) weiter bekundet hat, unmittelbar nach dem Unf...

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