" … III. Die Klage ist vollumfänglich begründet."

1. Der Kl. hat gegen die Bekl. einen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.032,80 EUR gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1. VVG. Die volle Eintrittspflicht der Bekl. ist unstreitig und umfasst auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Kl. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts war erforderlich i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Auf die Frage der – eher fernliegenden – Unredlichkeit der Bekl. kommt es daher nicht an.

a. Vorgerichtliche Anwaltskosten stellen nach einem Verkehrsunfall dann eine nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erstattungsfähige Schadensposition dar, wenn der Geschädigte schutzwürdig ist und die Beauftragung des Rechtsanwalts erforderlich war (BGH MDR 2006, 929). Im Hinblick auf das Kriterium der Erforderlichkeit ist dabei zu beachten, dass sich grds. jede Partei zunächst selbst mit einer entstandenen Sach- und Rechtslage auseinander zu setzen hat; dabei – noch vor Verzug des Schuldners – entstehende Anwaltskosten sind nicht zu erstatten (BVerfG NJW 1990, 3072). Ausnahmsweise darf ein unmittelbar durch den Unfall Geschädigter bereits vor Verzug einen Anwalt dann auf Kosten des Schädigers für die Anspruchsdurchsetzung einschalten, wenn er schutzbedürftig ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte zweckmäßig gewesen ist (BGH NJW 2011, 782; BGH NJW 2010, 3037; BGH NJW-RR 2008, 656).

Seit dem Grundsatzurteil des BGH v. 8.11.1994 (BGH NJW 1995, 446) ist klar umrissen, unter welchen Voraussetzungen vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten bei einfachen Schadensfällen nicht erstattungsfähig sind: Die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts in diesem Sinne ist grds. dann zu verneinen, wenn die Haftung dem Grund und der Höhe nach derart klar ist, dass aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel an der Ersatzpflicht des Schädigers besteht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Geschädigte aufgrund eines Mangels an Geschäftsgewandtheit nicht in der Lage ist, die erstmalige Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Schädiger oder dessen VR selbst vorzunehmen oder sonst, wenn die erste Anmeldung des Schadens nicht zur unverzüglichen Regulierung führt (BGH NJW 1995, 446; Ebert, in: Erman (13. Aufl. 2011), § 249 Rn 97; Böhm/Lennartz, MDR 2013, 313).

Zusammengefasst sind vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nur dann nicht erstattungsfähig, wenn ein derart einfach gelagerter Fall vorliegt, dass für den geschäftsgewandten Geschädigten die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts nicht zweckmäßig war (LG Krefeld NJW-RR 2011, 1403).

b. Dies zugrunde gelegt war die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zur Regulierung des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls erforderlich. Bei dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen handelte es sich um ein Unfallereignis im Bewegungsverkehr unter Beteiligung von vier Fahrzeugen. Der Sachverhalt ist weder vergleichbar mit der dem BGH-Urteil zugrundeliegenden Konstellation, bei dem es zu einer Kollision mit einer Leitplanke kam, noch mit der dem Urteil des AG Zweibrücken v. 23.5.2013 – 7 C 79/13 – zugrundeliegenden Konstellation, bei der es um eine Schadensregulierung wegen Beschädigung von Baustellensicherungsmaterialien ging. Beiden Fällen ist gemein, dass es gerade nicht um einen unter Beteiligung von zwei oder mehr Fahrzeugen aus dem Bewegungsverkehr resultierenden Unfallschaden ging.

aa. Ein einfach gelagerter Schadensfall ist vorliegend nicht anzunehmen. Zwar ist der Bekl. zuzugestehen, dass sie bei einer erstmaligen Anmeldung der Schäden am 30.11.2011 und einer näheren Bezifferung unter dem 2.12.2011 bei einer Regulierung am 16.1.2012 durchaus zügig reguliert und sich im Rahmen der aufgrund der Feiertage angemessen zu verlängernden Regulierungsfrist – die grds. wenigstens 3–4 Wochen beträgt (LG Zweibrücken r + s 1986, 112) – von ca. 6 Wochen (AG Heinsberg SVR 2012, 465) bewegt. Hierauf kommt es aber letztlich nicht an.

Die in diesem Zusammenhang wesentliche Fragestellung ist, ob die Verantwortlichkeit für den Schaden von vornherein derart klar ist, dass aus Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass der Schädiger oder der eintretende Haftpflichtversicherer der Ersatzpflicht nachkommen werde (AG Flensburg NJW-RR 2012, 432). Dies ist nur dann der Fall, wenn die Haftung nach Grund und Höhe uneingeschränkt feststeht (LG Itzehoe BeckRS 2009, 07828). So hat das LG Itzehoe (a.a.O.) entschieden, dass ein schwierig gelagerter Schadensfall grds. dann anzunehmen ist, wenn dieser auf einem Unfall im Begegnungsverkehr beruht und der Schaden 2.000 EUR übersteigt. Auch das LG Krefeld (a.a.O,) vertritt die Auffassung, dass sich bei einem Unfall mit zwei Fahrzeugen stets und automatisch die Frage der Betriebsgefahr stelle. Dies gilt selbst dann, wenn zugunsten des Geschädigten der Anscheinsbeweis ein...

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