BGB § 249

Leitsatz

Zur Frage der Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall.

BGH, Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13

Sachverhalt

Die Parteien streiten um den Ersatz restlicher Sachverständigen- und Anwaltskosten infolge eines Verkehrsunfalls.

Im Februar 2012 war der Kl. mit seinem Fahrzeug in einen Verkehrsunfall mit der Bekl. verwickelt, für dessen Schäden die Bekl. zu 100 % aufzukommen hat. Der Kl. holte ein Kfz-Schadensgutachten ein, nach dem der erforderliche Reparaturaufwand rund 1.050 EUR zzgl. USt. beträgt. Für die Erstattung des Gutachtens stellte der Sachverständige dem Kl. einen Betrag von 534,55 EUR in Rechnung, den er wie folgt aufschlüsselte:

 
Ausarbeitung und Anfertigung des Gutachtens 260,00 EUR
Lichtbilder (11) 8 x EUR 2,80 (1 S.) 22,40 EUR
Telefon/EDV-Ko., Büromaterial, Porto, Schreibkosten 75,00 EUR
Fahrtkosten/Zeit (51 km x EUR 1,80 max. EUR 100,00) 91,80 EUR
Mehraufwand Restwertbörse
Zwischensumme ohne MwST 449,20 EUR
MwST 19,0 % 85,35 EUR
Endsumme incl. MwST 534,55 EUR

Die Haftpflichtversicherung der Bekl. regulierte die Kosten i.H.v. 390 EUR. Der Restbetrag von 144,55 EUR ist Gegenstand der Klage. Daneben macht der Kl. unter Anrechnung einer ebenfalls bereits vorprozessual erfolgten Zahlung restliche vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten (Rechtsanwaltskosten) i.H.v. 74,97 EUR geltend und begehrt schließlich die Feststellung, dass die Bekl. verpflichtet ist, auf die vom Kl. verauslagten Gerichtskosten Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom Eingang der einbezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die zugelassene Berufung des Kl. hat das LG die Bekl. unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen zur Zahlung weiterer Gutachterkosten i.H.v. 56,90 EUR sowie weiterer vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 43,31 EUR, jeweils nebst Zinsen, verurteilt. Mit der vom LG zugelassenen Revision verfolgt der Kl. sein ursprüngliches Begehren weiter. Ziel der Anschlussrevision der Bekl. ist die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

2 Aus den Gründen:

[5] "I. Das BG hat im Wesentlichen ausgeführt, der Geschädigte sei im Regelfall berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Kraftfahrzeugsachverständige überschreite die Grenzen rechtlich zulässiger Preisgestaltung dabei nicht alleine dadurch, dass er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornehme. Die Gerichte könnten aber mit sachverständiger Hilfe oder im Wege der Schadensschätzung nach § 287 ZPO Feststellungen treffen, aus denen sich ergebe, dass die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten den erforderlichen Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB überschreite. Hierbei könne sowohl hinsichtlich des Grundhonorars als auch in Bezug auf die Nebenkosten auf die Ergebnisse der Befragung zur Höhe des Kfz-Sachverständigenhonorars 2010/2011 durch den Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. – BVSK (im Folgenden: “BVSK-Honorarbefragung’) abgestellt werden. Danach schätze die Kammer die für die Einholung des Schadensgutachtens erforderlichen Kosten auf 446,85 EUR, auf die die Bekl. bereits 390 EUR gezahlt habe."

[6] II. 1. Diese Schadensberechnung hält den Angriffen der Revision nicht stand.

[7] a) Mit Recht geht das BG allerdings davon aus, dass der Kl., einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten Pkw beauftragen durfte und von der Bekl. nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen kann (vgl. Senatsurt. v. 15.10.2013 – VI ZR 471/12, VersR 2013, 1544 Rn 26 und – VI ZR 528/12, VersR 2013, 1590 Rn 27; v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 Rn 13; v. 7.5.1996 – VI ZR 138/95, BGHZ 132, 373, 375 ff.; v. 29.10.1974 – VI ZR 42/73, BGHZ 63, 182, 184 f.; v. 26.5.1970 – VI ZR 168/68, BGHZ 54, 82, 84 f.; v. 4.12.1984 – VI ZR 225/82, VersR 1985, 283, 284 sowie v. 2.7.1985 – VI ZR 86/84, VersR 1985, 1090 und – VI ZR 177/84, VersR 1985, 1092 m.w.N.). Als erforderlich sind nach der st. Rspr. des Senats diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde (Senatsurt. v. 15.10.2013 – VI ZR 471/12, VersR 2013, 1544 Rn 20 und – VI ZR 528/12, VersR 2013, 1590 Rn 19; v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 Rn 17; v. 7.5.1996 – VI ZR 138/95, BGHZ 132, 373, 376; v. 2.7.1985 – VI ZR 86/84 und – VI ZR 177/84, jeweils a.a.O.). Wenn der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch nach dem letztlich auf § 242 BGB zurückgehenden Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungs...

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