AKB § 15 Abs. 2; BGB § 823 Abs. 1

Leitsatz

1. Die dem Mieter gewährte Haftungsfreistellung durch den gewerblichen Autovermieter entspricht nach den AGB des Vermieters dem Vollkaskoschutz mit Selbstbeteiligung eines gewerbsmäßigen VR nach den Regeln des VVG und der AKB. Der Fahrer des vermieteten Fahrzeugs haftet bei grober Fahrlässigkeit selbst (in Anknüpfung an BGH NJW 1981, 1211; BGHZ 181, 179 = NJW 2009, 2881 = WM 2009, 1994; VersR 1982, 359; NJW-RR 1986, 51).

2. Das Nichtbeachten einer roten Lichtzeichenanlage stellt wegen der damit verbundenen Gefahren zwar in aller Regel ein objektiv fahrlässiges Fehlverhalten dar. Subjektive Beeinträchtigungen können jedoch im Einzelfall in Sinne einer Entlastung von dem schweren Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ins Gewicht fallen. Entschuldigungsgründe, die über ein Augenblicksversagen hinausgehen, können neben dem Heranfahren, Anhalten und Wiederanfahren bei Rotlicht aufgrund Fehldeutung eines im Blickfeld des Fahrers liegenden optischen Signals auch die Fehlreaktion aufgrund eines akustischen Signals (Hupen) sein (in Anknüpfung an BGH NJW 2003, 1118 = VersR 2003, 363; BGH Report 2003, 428, 430 mit Anmerkung Reinert; OLG Koblenz NJW-RR 2004, 114 = VersR 2004, 728).

3. Die Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten bei Nichtbeachten des Rotlichts liegt grds. beim VR bzw. der Autovermietung.

(Leitsätze des Einsenders)

OLG Koblenz, Urt. v. 28.10.2010 – 2 U 1021/09

Sachverhalt

Die Kl. betreibt eine gewerbliche Autovermietung. Der Zeuge B mietete bei der Kl. einen Pkw, als dessen berechtigter Fahrer der Bekl. in dem Mietvertrag eingetragen wurde. In dem Mietvertrag wurde eine Haftungsfreistellung des berechtigten Fahrers mit Selbstbeteiligung vereinbart. B überließ das Fahrzeug dem Bekl.

Der Bekl. fuhr am 9.2.2008 trotz einer für seine Fahrspur Rotlicht zeigenden Verkehrsampel in die Kreuzung ein und stieß dort mit einem Pkw zusammen, dessen Fahrerin in die Kreuzung bei einer Grünlicht zeigenden Ampel eingefahren war. Die Kl. macht die Verurteilung des Bekl. zum Ersatz des ihr erwachsenen Schadens an dem Mietwagen aus dem Unfallereignis geltend. Die Kl. hat in dem Fahrverhalten des Bekl. eine grob fahrlässige, zum Ausschluss der Haftungsfreistellung führende Herbeiführung des Schadens gesehen. Der Bekl. hat angeführt, zunächst ordnungsgemäß an der Rotlicht zeigenden Ampel angehalten zu haben. Seine Sicht sei durch die tief stehende starke Sonneneinstrahlung beeinträchtigt gewesen. Hinter ihm hätten dann Fahrzeuge gehupt, sodass er zu der Annahme gelangt sei, die Lichtzeichenanlage zeige bereits grün und er habe die Grünlichtphase nicht wahrgenommen. Darüber hinaus habe der Pkw-Fahrer auf der gegenüberliegenden Seite der Ampelkreuzung selbst das Fernlicht aufgeblendet (Lichthupe), sodass er ohne weiteres aufgrund der Gesamtumstände zu der Schlussfolgerung gelangt sei, die übrigen Verkehrsteilnehmer forderten ihn auf, seine Fahrt fortzusetzen, da die Ampel auf Grün umgesprungen sei. Daraus hat der Kl. abgeleitet, den Unfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt zu haben. Das LG hat der Klage stattgegeben und sowohl in objektiver und subjektiver Hinsicht ein grobes Verschulden des Bekl. mit der Folge angenommen, dass zugunsten des Bekl. die in dem Mietvertrag vereinbarte Haftungsbefreiung nicht eingreife. Mit der Berufung hat der Bekl. die Abweisung der Klage verfolgt und in Abrede gestellt, subjektiv grob fahrlässig gehandelt zu haben. Hupsignale anderer Verkehrsteilnehmer, das Lichtzeichen des gegenüberstehenden Fahrzeugs und die tief stehende Sonne ließen sein Fehlverhalten in einem milderen Licht erscheinen. Die Berufung hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen:

“Die Berufung des Bekl. ist begründet.

Die Kl. hat als gewerblicher Autovermieter den Bekl. auf Schadensersatz wegen grob fahrlässiger Herbeiführung eines Verkehrsunfalls gem. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 2 AKB analog in Anspruch genommen. Die dem Mieter gewährte Haftungsfreistellung entspricht nach Ziffer 10 b) der Vermietbedingungen dem Vollkaskoschutz mit Selbstbeteiligung eines gewerbsmäßigen VR nach den Regeln des VVG und der AKB (vgl. BGHZ 181, 179 = NJW 2009, 2881 = WM 2009, 1994). Der Fahrer des vermieteten Fahrzeugs haftet bei grober Fahrlässigkeit selbst (BGH, Urt. v. 17.12.1980 – VIII ZR 316/79 – NJW 1981, 1211 Rn 29; Urt. v. 16.12.1981 – VIII ZR 1/81 – VersR 1982, 359 Juris Rn 30; NJW-RR 1986, 51; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 15 AKB Rn 5).

Der Kl. steht gegen den Bekl. als Fahrer kein Schadensersatz wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Verkehrsunfalls zu.

Das LG ist von einer falschen rechtlichen Ausgangslage ausgegangen. Das Nichtbeachten einer roten Lichtzeichenanlage stellt wegen der damit verbundenen Gefahren zwar in aller Regel ein objektiv grob fahrlässiges Fehlverhalten dar (BGH Urt. v. 29.1.2003 – IV ZR 173/01 – NJW 2003, 1118 = VersR 2003, 363; OLG Koblenz, Urt. v. 17.10.2003 – 10 U 275/02 – NJW-RR 2004, 114 = OLGR 2004, 77 = VersR 2004, 728). Subjektive Beeinträchtigungen können im Einzelfall im Sinne einer Entlastung von dem schwe...

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