Hinweis

Die von dem Kläger geltend gemachte Gebühr ist der Höhe nach gerechtfertigt. Bei einer Rahmengebühr ist nach § 14 RVG zunächst zu ermitteln, welche Gebühr "angemessen" ist. Ausgangspunkt für die Bemessung der Gebühr ist die Mittelgebühr. Sodann müssen zur Bestimmung der Gebühren alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden (vgl. Schneider/Wolf/Onderka, AnwK-RVG, § 14, Rn 27 f.). Die anwaltlichen Bemühungen waren überdurchschnittlich umfangreich und schwierig, der Fall für den Mandanten von überdurchschnittlicher Bedeutung und dessen Einkommensverhältnisse sind ebenfalls überdurchschnittlich (wird ausgeführt). Da die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 RVG nicht abschließend ist ("… vor allem …"), kommen auch ungenannte Merkmale in Betracht, hier der Erfolg der Verteidigung, der Fortbildungsaufwand des Anwalts, Nacht- und Wochenendsarbeit des Anwalts, extremer Zeitdruck, Stellung des Mandanten in der Öffentlichkeit (wird ausgeführt). Nach der Kompensationstheorie kann bereits ein einziger Umstand ein Abweichen von der Mittelgebühr rechtfertigen (Schneider/Wolf/Onderka, a.a.O. Rn 66). Über die "angemessene" Gebühr hinaus steht dem Anwalt dann noch ein Aufschlag von 20 % zu, bevor die Gebührenbestimmung als "unangemessen" zu bezeichnen ist (Schneider/Wolf/Onderka, a.a.O. Rn 80; BGH NJW-RR 2007, 420). Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die Bestimmung der Gebühren des Rechtsanwaltes gegenüber seinem Mandanten im streitgegenständlichen Fall nicht zu beanstanden. Beweis: Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer XXX gem. § 14 Abs. 2 RVG.

 

Erläuterung:

Bestimmte Rechtsschutzversicherungen kürzen regelmäßig die Anwaltsgebühren nach eigenem Gutdünken zusammen. Dabei wird mit vorgefertigten Textbausteinen Rechtsprechung zitiert, bei der es sich regelmäßig ausschließlich um Qs-Entscheidungen handelt, also um solche, die Gebührenerstattungen aus der Staatskasse zum Gegenstand hatten. Dort gelten aber vollkommen andere und daher unvergleichbare Kriterien.

Bei der Gebührenbemessung gegenüber dem eigenen Mandanten (und um den allein handelt es sich ja, dessen Rechtsschutzversicherung hat ihn ja lediglich von Honoraransprüchen seines Anwalts freizustellen) hat der Anwalt das Recht, seine Gebühren innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens selbst zu bestimmen. Er hat dabei lediglich die Bemessungskriterien des § 14 RVG zu beachten. Ausschließlich der Anwalt bestimmt die Höhe der Gebühren, nicht der Mandant und demnach auch nicht ein Sachbearbeiter einer Rechtsschutzversicherung. Die Rechtsschutzversicherung ist "Dritter" i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG und somit niemals Auftraggeber. Dies gilt selbst dann, wenn die Beauftragung des Rechtsanwalts direkt durch den Rechtsschutzversicherer erfolgt war (Schneider/Wolf/Onderka, a.a.O. Rn 87). Damit ist die durch den Anwalt erfolgte Bestimmung der Gebühr auch gegenüber der Rechtsschutzversicherung verbindlich.

Dabei steht ihm aber ein sehr weites Bemessungsspektrum zu, das durch die 20 %-Karenz noch ausgeweitet wird. Erst nach deren Übersteigen kann die Bemessung einer Gebühr als "unbillig" bezeichnet werden.

Über die Angemessenheit eines Anwaltshonorars bestimmt ausschließlich die zuständige Rechtsanwaltskammer in einem dort vom Gericht einzuholenden Gebührengutachten. Das Gutachten ist auch ohne gesonderten Beweisantrag einzuholen. Das gilt aber nur im Verhältnis zum eigenen Mandanten. In einem Streit über die Höhe der Gebühren ist daher entweder der Mandant unmittelbar zu verklagen oder der Mandant klagt auf Freistellung von den von ihm zu zahlenden Anwaltsgebühren gegen den Rechtschutzversicherer.

Weil die Anwaltskammer nur dann ein zutreffendes Gutachten erstellen kann, wenn ihr alle Einzelheiten der Bestimmungskriterien des § 14 RVG bekannt sind, bedarf es regelmäßig eines sehr gründlichen und umfassenden Prozessvortrags.

Autor: Frank-Roland Hillmann

Frank-Roland Hillmann, RA und FA für Verkehrsrecht, Oldenburg

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