RVG § 10; SGB X § 63

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen für die Erstattung von Kosten des Widerspruchsverfahrens zählt nicht die Berechnung der Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts im Innenverhältnis zu seinem Mandanten.

BSG, Urt. v. 2.12.2014 – B 14 AS 60/13 R

Sachverhalt

Der Kl., der von dem beklagten Jobcenter laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II bezogen hatte, machte mit Hilfe seines Rechtsanwalts bei dem Bekl. die Übernahme von Energieschulden geltend. Mit Bescheid v. 23.8.2012 erkannte der Bekl. unter Abhilfe des Widerspruchs des Kl. eine Nachzahlung aufgrund von Nebenkostenabrechnungen i.H.v. insgesamt 1.739,64 EUR als berechtigt an und überwies den Betrag auf das Konto des Kl. Mit Schreiben v. 3.11.2012 ergänzte der Bekl. seinen Bescheid dahin, dass er die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärte.

Unter dem 8.9.2010 machte der Anwalt des Kl. die Kosten des Widerspruchsverfahrens geltend und übersandte zugleich eine an den Bekl. adressierte Berechnung, in der unter Nennung der genauen Angelegenheit und der Aufschlüsselung der Gebühren nach den Vorschriften des RVG ein Gesamtbetrag i.H.v. 309,40 EUR in Rechnung gestellt wurde. Hieraufhin forderte der Bekl. den Rechtsanwalt des Kl. auf, seine Rechnung an seinen Auftraggeber zu richten und zu adressieren und ihm eine Abschrift dieser Rechnung zur Prüfung des Erstattungsanspruchs vorzulegen. Nach weiterer Korrespondenz setzte der Bekl. schließlich mit Bescheid vom 3.1.2011 unter Hinweis auf die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Kosten des Widerspruchsverfahrens die zu erstattenden Kosten auf 0,00 EUR fest. Dies begründete der Bekl. damit, es sei nicht nachgewiesen, dass erstattungsfähige Kosten für die Einschaltung eines Anwalts entstanden seien, weil keine Rechnung des Rechtsanwalts an den Kl. vorliege. Der Widerspruch blieb erfolglos.

Auf die hiergegen gerichtete Klage des Kl. hat das SG Köln den Bekl. durch Urt. v. 10.5.2012 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kl. von dem Vergütungsanspruch seines Bevollmächtigten i.H.v. 309,40 EUR freizustellen. Die Berufung des Bekl. hat das LSG NRW durch Urt. v. 17.10.2013 zurückgewiesen. Die hiergegen vom LSG zugelassene Revision des Bekl. hatte beim BSG keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen:

[11] "… Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch im Übrigen zulässig. …"

[12] Die Revision ist jedoch unbegründet. Das LSG hat die Berufung des Bekl. zu Recht zurückgewiesen und damit zutreffend die Entscheidung des SG bestätigt, dem Kl. stehe ein Freistellungsanspruch i.H.v. 309,40 EUR gegen den Bekl. zu. …

[15] 2. Der Kl. hat den geltend gemachten Anspruch hinsichtlich seiner Aufwendungen im Vorverfahren nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X. Danach hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

[16] Die Voraussetzungen für den Kostenerstattungsanspruch liegen vor. Der Widerspruch des Kl. war im Ergebnis in vollem Umfang erfolgreich. … Zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zählen gem. § 63 Abs. 2 SGB X regelmäßig die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war, was der Bekl. anerkannt hat. Gebühren und Auslagen i.S.d. § 63 Abs. 2 SGB X sind die gesetzlichen Gebühren (BSG BSGE 78, 159), also auch die Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG in Rechnung stellt (BSG zfs 2010, 463 m. Anm. Hansens = RVGreport 2010, 258 (Hansens)). Hier ist eine ordnungsgemäße Abrechnung, die den Anforderungen des § 10 Abs. 2 RVG entspricht, durch das Schreiben des Bevollmächtigten vom 8.9.2010 erfolgt, wie sich aus den Feststellungen des LSG ergibt.

[17] 3. Außer den genannten Voraussetzungen für die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens sind keine weitergehenden Anforderungen an einen Kostenerstattungsanspruch zu erkennen. Insb. steht dem Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 SGB X nicht entgegen, dass der Rechtsanwalt des Kl. bislang an diesen persönlich keine Abrechnung übersandt hat, die den Anforderungen des § 10 RVG genügt. Insofern schließt sich der Senat der Rechtsprechung des BGH (RVGreport 2011, 303 (Hansens) = AGS 2011, 423) an, der bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der einem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ausgeführt hat, es sei zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 S. 1 RVG, wonach der Rechtsanwalt die Vergütung grds. nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern könne, betreffe lediglich die Frage, wann eine entstandene und nach § 8 Abs. ...

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