BGB § 426; NBrandSchG § 26 Abs. 2, 4

Leitsatz

Zum Ausgleich zwischen mehreren Störern i.S.d. Polizei- und Ordnungsrechts, die aufgrund einer gemeindlichen Satzung für die Kosten eines Einsatzes der Feuerwehr (hier: Beseitigung einer Ölspur auf einer öffentlichen Straße) als Gesamtschuldner aufzukommen haben.

BGH, Urt. v. 10.7.2014 – III ZR 441/13

Sachverhalt

Die Kl. nimmt die Bekl. im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs auf Erstattung der Gebühren für einen Feuerwehreinsatz in Anspruch. Die Kl. ist Haftpflichtversicherer einer Landmaschinenfabrik. Die Bekl. ist Eigentümerin und Halterin eines Schleppers und verbrachte diesen zur Reparatur einer Dieselleitung in die Werkstatt des VN. Nach Durchführung der Reparatur unternahm ein Mitarbeiter des VN eine Probefahrt auf öffentlichen Straßen. Dabei trat Schmieröl aus dem Fahrzeug aus und verunreinigte die Fahrbahn auf einer Länge von ca. 2,5 Kilometern. Feuerwehren von Gemeinden nahmen zur Beseitigung von Gefahren für die Verkehrssicherheit das ausgetretene Öl mit Bindemittel auf und entsorgten es. Aufgrund bestandskräftigem Bescheid machte die Gemeinde für den Einsatz der Feuerwehren zu erstattende Gebühren von 1.424,64 EUR gegenüber dem VN geltend. Die Kl. beglich diesen Betrag.

Die Kl. hat unter Bezugnahme auf § 86 VVG die Bekl. auf Erstattung aller Gebühren des Feuerwehreinsatzes in Anspruch genommen. Das AG hat die Bekl. verurteilt. Das LG, das die Revision zugelassen hat, hat auf die Berufung der Bekl. die Klage abgewiesen.

Das LG verneinte einen Ausgleichsanspruch gegen die Bekl. aus § 280 BGB, aus Geschäftsführung ohne Auftrag und aus § 426 BGB. Im Gefahrenabwehrrecht gebe es keine Ausgleichspflicht zwischen mehreren Störern. Weitere Störer hafteten nur subsidiär im Verhältnis zu den herangezogenen Störern. Die vom LG zugelassene Revision der Kl. führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das LG.

2 Aus den Gründen:

[9] "… II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand, soweit das BG einen Gesamtschuldnerausgleich zwischen dem VN und der Bekl. nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB abgelehnt hat."

[10] 1. Ohne Rechtsfehler hat das BG einen Schadensersatzanspruch gegen die Bekl. gem. § 280 Abs. 1 BGB verneint. Nach den Feststellungen des AG, von denen auch das BG ausgeht und die von der Revision nicht angegriffen werden, war die defekte Leitung, die zu dem Ölaustritt geführt hat, weder für den VN noch für die Bekl. erkennbar. Dieser kann also insb. nicht zum Vorwurf gemacht werden, den VN bei Erteilung des Reparaturauftrags nicht auf einen möglichen Defekt (auch) der Ölleitung hingewiesen zu haben.

[11] 2. Zutreffend und von der Revision nicht in Frage gestellt hat das BG der Kl. einen Anspruch auf Aufwendungsersatz aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag versagt (§§ 677, 683, 670 BGB). Der VN hat durch die Bezahlung der erhobenen Gebühren kein Geschäft der Bekl., sondern ein eigenes besorgt. Durch den Bescheid v. 14.12.2010 wurde allein der VN als Gebührenschuldner (Verhaltensstörer) herangezogen. Die Kl. muss die Tatbestandswirkung des bestandskräftigen Gebührenbescheids hinnehmen und kann sich nicht darauf berufen, durch die Bezahlung der Gebühren sei (auch) ein Geschäft der Bekl. (als Zustandsstörer) besorgt worden (vgl. Senatsurt. v. 11.6.1981 – III ZR 39/80, NJW 1981, 2457 f.; siehe auch BGH, Urt. v. 26.9.2006 – VI ZR 166/05, NJW 2006, 3628 Rn 27 ff.).

[12] 3. Der vom BG erwogene Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 3, 18 Abs. 1, 3 StVG scheitert bereits daran, dass die Samtgemeinde N zu keinem Zeitpunkt Schadensersatzansprüche nach dem Straßenverkehrsgesetz geltend gemacht und der VN zudem den Entlastungsbeweis nach § 18 Abs. 1 S. 2 StVG geführt hat.

[13] 4. Der dem VN nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB zustehende Ausgleichsanspruch folgt jedoch aus § 26 Abs. 2, 4 des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes (NBrandSchG) v. 8.3.1978 (Nds.GVBl. S. 233) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 4 des Haushaltsbegleitgesetzes 2010 v. 17.12.2009 (Nds.GVBl. S. 491; jetzt: § 29 des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes v. 18.7.2012, Nds.GVBl. S. 269) i.V.m. der Satzung der Samtgemeinde N über die Erhebung von Kostenersatz und Gebühren für Dienst- und Sachleistungen der Feuerwehr außerhalb der unentgeltlich zu erfüllenden Pflichtaufgaben (FwKost/GebS) v. 21.10.1996.

[14] a) Es ist umstritten, ob der durch die Polizei- und Ordnungsbehörde in Anspruch genommene Störer einen Ausgleichsanspruch gegenüber einem nicht in Anspruch genommenen Störer analog § 426 BGB besitzt. Nach der in der Literatur herrschenden Auffassung findet ein Gesamtschuldnerausgleich statt, wenn einer von mehreren Verantwortlichen zur Gefahrenbeseitigung herangezogen worden ist (vgl. MüKoBGB/Bydlinski, 6. Aufl., § 421 Rn 77; Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 15. Aufl., S. 230; Schenke, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl., S. 281 f.; Finkenauer, NJW 1995, 432 f; Kohler-Gehrig, NVwZ 1992, 1049, 1051 f. jeweils m.w.N.). Demgegenüber lehnt der BGH i...

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