"… II. 1. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der ASt. v. 31.1.2013 (Az.: 7 A 1800/13) gegen den Bescheid des AG v. 14.1.2013, mit dem er der ASt. die Fahrerlaubnis entzogen hat, ist zulässig und begründet."

Nach § 80 Abs. 1 VwGO hat eine Klage grds. aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde – wie hier – gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO unter Beachtung der Anforderungen von § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO die sofortige Vollziehung der angefochtenen Verfügung im öffentlichen Interesse angeordnet hat.

Für den Erfolg eines Antrags nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO ist entscheidend, ob das private Interesse eines ASt. an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage höher als das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes zu bewerten ist. Bei dieser Interessenabwägung sind die Aussichten des Begehrens im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Bei einer offensichtlich Erfolg versprechenden Klage überwiegt das Suspensivinteresse des Betr. regelmäßig das öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der ASt. im Verfahren zur Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, insb. wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist.

Hier wird die Klage des ASt. gegen den Bescheid des AG v. 14.1.2013 voraussichtlich Erfolg haben. Der angegriffene Bescheid erweist sich aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtswidrig. Zu Unrecht nimmt der AG an, dass die ASt. sich gegenwärtig als ungeeignet zum Führen von Kfz erweist und ihr deshalb nach § 46 Abs. 1 FeV die Fahrerlaubnis entzogen werden musste. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen voraussichtlich nicht vor.

Der AG hat auf die Nichteignung der ASt. zum Führen von Kfz geschlossen, da diese entgegen der behördlichen Anordnung v. 21.11.2012 ein medizinisch-psychologisches Gutachten nicht bis zum 11.1.2013 beigebracht hat. Aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens darf die Behörde nur dann gem. § 11 Abs. 8 FeV auf die fehlende Fahreignung des Betr. schließen, wenn die Anordnung, eine solche Ausarbeitung beizubringen, rechtmäßig war (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 28.4.2010 – 3 C 20.09, juris; Urt. v. 28.4.2010 – 3 C 2.10, juris). Die Anordnung der Beibringung des medizinisch-psychologischen Gutachtens war im vorliegenden Fall jedoch rechtswidrig. Der AG hat das Verlangen im konkreten Fall auf eine nicht einschlägige Befugnisnorm, nämlich § 13 S. 1 Nr. 2e FeV gestützt. Diese Vorschrift ist, wie bereits ihr Wortlaut nahe legt (“wenn sonst zu klären ist, ob Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht‘), nur dann einschlägig, wenn durch eine Begutachtung festgestellt werden soll, ob eine Person, die entweder die Fahreignung nachweislich wegen Alkoholabhängigkeit verloren hatte, oder die einem dahingehenden Verdacht ausgesetzt ist, die Fahreignung deshalb wiedererlangt hat, weil sie (jedenfalls) jetzt nicht mehr alkoholabhängig ist. Anzuwenden ist diese Vorschrift deshalb immer dann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der Nummer 8.4 der Anlage 4 zur FeV zu prüfen sind. Eine solche Prüfung ist also in Verfahren erforderlich, in denen darüber zu befinden ist, ob einer Person, die derzeit über keine Fahrerlaubnis verfügt und bei der feststeht, dass sie jedenfalls früher alkoholabhängig war, eine solche Berechtigung (neu oder erstmals) erteilt werden darf. Zu prüfen sein können die Voraussetzungen der Nummer 8.4 der Anlage 4 zur FeV aber nicht nur in (Neu-)Erteilungs-, sondern auch in Verwaltungsverfahren, die die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Alkoholabhängigkeit zum Gegenstand haben. Eine dahingehende Notwendigkeit besteht dann, wenn in einem solchen Entziehungsverfahren mit der Möglichkeit gerechnet werden muss, der Betr. könnte die wegen Alkoholabhängigkeit möglicherweise oder tatsächlich verloren gegangene Fahreignung inzwischen deshalb wiedererlangt haben, weil er die Alkoholabhängigkeit überwunden hat (BayVGH, Beschl. v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139, juris).

Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Vielmehr hat der zuvor mit der Fahreignungsüberprüfung befasste Facharzt Dr. G in seinem Gutachten v. 8.10.2012 die Alkoholabhängigkeit der ASt. positiv festgestellt. Daneben hat er der ASt. eine Alkoholabstinenz seit dem 27.6.2012 und eine besondere Verhaltenssteuerung und -umstellung attestiert, die zur Folge habe, dass die ASt. trotz der bestehenden Alkoholabhängigkeit aufgrund besonderer Kompensationsmöglichkeiten unter bestimmten Bedingungen (unangekündigte Abstinenzkontrollen in den nächsten 12 Monaten) geeignet zum Führen von Kfz sei. Aufgrund der Diagnose des Facharztes war hiermit für die nach § 13 S. 1 Nr. 2e FeV zu klärende Frage, ob Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht, kein Raum. Weder der Gutachter noch die ASt. selbst behaupten eine Überwindung der Alkoholabhängigkeit i.S.d. Nr. 8.4 der Anlage 4 zur FeV.

Soweit der AG Zweifel hatte an der Feststellung des Gutachters, aufgrund der besonderen Kompensationsmöglichke...

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