[7] "… 1. Dem Bekl. ist gem. § 233 ZPO antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

[8] 2. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist gem. § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen gem. § 574 Abs. 2 ZPO zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rspr. erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Das BG hat durch seine Entscheidung das Verfahrensgrundrecht des ASt. auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (st. Rspr., z.B. Senatsbeschl. v. 3.12.2003 – VIII ZB 80/03, NJW-RR 2004, 1218 unter II 2 m.w.N.).

[9] 3. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

[10] Eine bedürftige Prozesspartei, die eine gegen sie ergangene Entscheidung mit der Berufung angreifen will, kann sich darauf beschränken, innerhalb der Berufungsfrist einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beifügung der nach § 117 Abs. 2 ZPO erforderlichen Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst entsprechenden Belegen beim Prozessgericht einzureichen und die Berufungseinlegung bis zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zurückzustellen (BGH, Beschl. v. 11.11.1992 – XII ZB 118/92, NJW 1993, 732 unter II 2). Ist dies geschehen, so muss das BG zunächst über den Prozesskostenhilfeantrag entscheiden. Wird über den Antrag nach Ablauf der Berufungsfrist entschieden, ist dem ASt. Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren, wenn Prozesskostenhilfe bewilligt wird oder – im Falle ihrer Versagung – der ASt. vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste und die versäumte Prozesshandlung – die Einlegung der Berufung – innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 Abs. 1 S. 1 ZPO), die regelmäßig nicht vor der Bekanntgabe der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zu laufen beginnt (BGH, Beschl. v. 23.3.2011 – XII ZB 51/11, NJW-RR 2011, 995 Rn 9; v. 27.10.2011 – III ZR 31/11, NJW-RR 2012, 308 Rn 22), nachgeholt wird.

[11] Hiernach durfte die Berufung des Bekl. nicht vor der Entscheidung des BG über den Prozesskostenhilfeantrag als unzulässig verworfen werden. Die unwirksame, weil bedingte Einlegung der Berufung (BGH, Urt. v. 31.5.1995 – VIII ZR 267/94, NJW 1995, 2563 unter I 2 a) vor der Entscheidung über den gleichzeitig eingereichten Prozesskostenhilfeantrag hindert den Bekl. nicht, nach der – bislang noch ausstehenden – Entscheidung des BG über den Prozesskostenhilfeantrag nunmehr wirksam Berufung einzulegen. Die dazu erforderliche Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist wird dem Bekl. nicht deswegen zu versagen sein, weil sein Prozessbevollmächtigter bereits vor der beantragten Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Berufung – wenn auch unwirksam – eingelegt hat. Zwar kommt nach der Rspr. des BGH eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit der betroffenen Partei für die Fristversäumung kausal geworden ist (Senatsbeschl. v. 16.11.2010 – VIII ZB 55/10, NJW 2011, 230 Rn 19 m.w.N.). Das ist hier indessen der Fall, weil der Prozessbevollmächtigte des Bekl. eine unbedingte Berufung noch nicht eingelegt, sondern – wenn auch prozessual unbehelflich – die Wirksamkeit der erklärten bedingten Berufungseinlegung von der Bewilligung der zugleich beantragten Prozesskostenhilfe abhängig gemacht hat.“

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