" … II. … Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen."

1. Dem Kl. steht gegen die Bekl. kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des Unterschenkel-Führungssystems N i.H.v. restlichen 2.750 EUR zu.

a) Nach § 1.1 MB/KK 2009 bietet die Bekl. Versicherungsschutz für Krankheiten, Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse. Im Versicherungsfall, den § 1. 3 MB/KK 2009 als die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen definiert, erbringt die beklagte Versicherung Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen. Zur Erstattungsfähigkeit von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln bestimmt § 4.3 MB/KK 2009, dass diese von einem Arzt, Zahnarzt oder Heilpraktiker verordnet worden sein müssen. Hilfsmittel sind nach § 4.3.3 MB/KK 2009 Brillen, Kontaktlinsen, Hörgeräte, Sprechgeräte, Stützapparate, orthopädische Einlagen und Schuhe, Bandagen, Bruchbänder, Gummistrümpfe und gegen Verunstaltung und Verkrüppelung ärztlich verordnete Körperersatzstücke sowie Krankenfahrstühle. Gem. § 4.3.4 MB/KK 2009 ist im Rahmen der tariflichen Leistungen der Bekl. die Liste der Hilfsmittel erweitert. Nach dem insoweit in Bezug genommenen Verzeichnis: “Die Hilfsmittelversorgung des VR im Rahmen des Hilfsmittelmanagement’ übernimmt die Bekl. neben den Kosten für Gehhilfen (“Hand-/Gehstöcke, Gehstützen, Gehgestelle, Rollatoren, Gehwagen’) auch Kosten für Hilfsmittel zur zeitlich begrenzten Unterstützung einer Behandlung/Therapie (Eigentherapie), wozu Apparate zur Kompressionstherapie, Bewegungsschienen, Iontophoresegeräte, Nerven- und Muskelstimulationsgeräte (TENS, EMS) sowie Inkontinenz-Therapiegeräte (Beckenbodentrainig) zählen.

Nach diesen Klauseln hat der Kl. keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Unterschenkel-Führungssystem N. Dieses Gerät ist weder ein Hilfsmittel i.S.v. § 4.3.3 der MB/KK 2009 noch nach den Tarifbestimmungen gem. dem Verzeichnis “Die Hilfsmittelversorgung des VR im Rahmen des Hilfsmittelmanagement’ erstattungsfähig.

aa) Das Unterschenkel-Führungssystem N ist insb. kein Stützapparat i.S.v. § 4.3.3 MB/KK 2009. Der Argumentation des Kl. im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22.4.2015, nach der medizinischen Definition dieses Begriffs sei es Aufgabe eines Stützapparates, den Körper in einer festgelegten Form zu erhalten und zugleich zielgerichtete Bewegungen zu ermöglichen, weshalb es für die Einordnung als Stützapparat i.S.d. Versicherungsbedingungen keinen Unterschied machen könne, ob die Stützfunktion durch ein rein passives System oder durch die Aktivierung des körpereigenen Stützsystems, nämlich der Muskeln, bewirkt werde, vermag der Senat nicht zu folgen. Die streitgegenständliche Klausel lässt eine derart weitgehende Auslegung des Begriffs des Stützapparates nicht zu.

AVB sind nach der Rspr. des BGH so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. Der VN, dem die Entstehungsgeschichte einer Klausel i.d.R. nicht bekannt ist, wird zunächst von ihrem Wortlaut ausgehen (BGH VersR 2013, 1039). Nach seinem Wortsinn, der auch für den durchschnittlichen VN erkennbar und maßgeblich ist, unterfallen dem Begriff des Stützapparates Geräte, die das Gewicht oder einzelne Körperteile des VN stützen, weil dieser selbst wegen des Verlusts oder einer Störung der Funktion einzelner Gliedmaßen dazu körperlich nicht in der Lage ist. Das Unterschenkel-Führungssystem N dient hingegen nicht dem Abfangen von Gewicht oder der Stützung eines Körpergliedes, sondern der Mobilisierung des geschwächten Muskels.

bb) Bei dem Unterschenkel-Führungssystem Ness L 300 handelt es sich auch nicht um ein gegen Verkrüppelung ärztlich verordnetes Körperersatzstück i.S.d. § 4.3.3. MB/KK 2009. Damit sind Prothesen gemeint, die fehlende Körperteile ersetzen. Eine solche Funktion hat das Unterschenkel-Führungssystem N nicht.

cc) Auch zu den im Verzeichnis “Die Hilfsmittelversorgung des VR im Rahmen des Hilfsmittelmanagement’ genannten Hilfsmitteln gehört das Unterschenkel-Führungssystem N nicht. Begrifflich wäre das Gerät am ehesten der Kategorie Gehhilfe zuzuordnen; indes ist es in der nachfolgenden, abschließenden Aufzählung der Gehhilfen (“Hand-/Gehstöcke, Gehstützen, Gehgestelle, Rollatoren, Gehwagen’) nicht enthalten.

dd) Schließlich ist das Unterschenkel-Führungssystem N auch kein “Hilfsmittel zur zeitlich begrenzten Unterstützung einer Behandlung/Therapie (Eigentherapie)’ i.S.d. Verzeichnisses. Zwar hat die Bekl. ihre Entscheidung, sich – im Wege einer freiwilligen Leistung – teilweise an den Kosten des Unterschenkel-Führungssystems N zu beteiligen, in den Schreiben vom 10.6.2013, 8.8.2013 und 12.11.2013 damit begründet, nach dem Tarif seien die Kosten für Hilfsmittel zur zeitli...

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