Gutachten sind regelmäßig Entscheidungsgrundlage in Prozessen. Sachverständige entscheiden also im Rechtsstreit quasi mit. Diese Erkenntnis verdeutlicht, wie wichtig es ist, sich mit Sachverständigengutachten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auseinanderzusetzen. Hierfür bietet das Buch "Unfallrekonstruktion im Verkehrsprozess" von Burmann/Schmedding eine hervorragende Hilfestellung. Es ist in der 2. Auflage im Anwaltverlag erschienen.

Das Buch ist in einen technischen und einen rechtlichen Teil gegliedert. Im ersten Teil stellt Herr Dipl.-Phys. Klaus Schmedding die Grundlagen und Fehlerquellen von verkehrstechnischen Gutachten dar. Im zweiten Teil erläutert Herr Rechtsanwalt Dr. Michael Burmann den Sachverständigenbeweis im Verkehrs- und Haftpflichtprozess.

Beide Autoren behandeln sowohl die Themen, die bei einem Zivilprozess von Bedeutung sind, als auch diejenigen, die in Strafverfahren häufig vorkommen. Das Buch ist daher für den Verkehrsrechtler bestens geeignet, um bei der Unfallrekonstruktion im Verkehrsprozess gewappnet zu sein.

Für den Juristen ist es nicht immer einfach, technische Vorgänge zu begreifen. Die Auseinandersetzung mit verkehrstechnischen Gutachten ist daher oft mit Schwierigkeiten verbunden. Diese zu überwinden, helfen die Erläuterungen von Schmedding. In einer klaren und verständlichen Sprache stellt er die wesentlichen Aspekte der Arbeit eines Sachverständigen vor. Er geht hierbei auf die Fallkonstellationen ein, die typischerweise Gegenstand von verkehrstechnischen Gutachten sind. Durch zahlreiche Abbildungen werden seine Ausführungen anschaulich. Der Leser wird in die Lage versetzt, sich kritisch mit Sachverständigengutachten auseinanderzusetzen und qualifiziert nachzufragen. Er wird in geeigneten Fällen die Möglichkeit haben zu erreichen, dass der Unfallhergang doch nicht so eindeutig zum Nachteil einer Partei dargestellt werden kann.

Die juristische Arbeit im Zusammenhang mit Gutachten beginnt bereits, bevor überhaupt ein Sachverständiger benannt worden ist. Es ist nicht nur auf die Auswahl eines geeigneten Sachverständigen zu achten, sondern auch auf die richtige Formulierung der Beweisfrage. Hierauf geht Burmann ebenso ein wie auf die Problematik der Befangenheit von Sachverständigen. Besonders gut gefällt mir, dass er den häufigen Fehlern in Sachverständigengutachten ein eigenes Kapitel gewidmet hat. Hier wird dem Leser klar aufgezeigt, zu welchen unrichtigen Ergebnissen es führen kann, wenn (durch den Sachverständigen oder das Gericht) beispielsweise von falschen Fahrlässigkeitsmaßstäben oder Beweisregeln ausgegangen wird. Die Ausführungen von Burmann sind zudem angereichert mit zahlreichen, vor allem höchstrichterlichen Rechtsprechungshinweisen. Sie ermöglichen es dem Rechtsanwender, sich schnell mit dem in seinem Fall benötigten Zitat zu versorgen.

Das Buch Unfallrekonstruktion im Verkehrsprozess gibt dem Praktiker eine gute Möglichkeit, sich mit Sachverständigengutachten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht kritisch auseinandersetzen. Die Autoren haben wohl ganz bewusst einen Umfang für ihre Ausführungen gewählt, der für die tägliche Anwendung bestimmt ist. Sie verlieren sich nicht im Detail, sondern konzentrieren sich auf das Wesentliche. Kurzum: Es macht Freude, mit diesem Buch zu arbeiten. Es ist hilfreich und deshalb uneingeschränkt zu empfehlen.

Autor: Martin Diebold

RA Martin Diebold, FA für Verkehrsrecht, Tübingen

zfs 5/2016, S. 255

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