Zum Abschluss eines Kaufvertrags im Rahmen einer ebay-Auktion vgl. OLG Hamm zfs 2015, 145.

1. Da die Internet-Auktion keine Versteigerung i.S.d. § 156 BGB ist und sich die Begründung der Verpflichtungen der Beteiligten nach Kaufrecht richtet (vgl. BGH NJW, 2001, 363; BGH BB 2005, 235), ist wegen der Besonderheiten der Vertragsgestaltung eine Darstellung dieser Grundsätze erforderlich.

2. Angebot und Annahme bei einem ebay-Geschäft werden dahin verstanden, dass das Freischalten des ebay-Objektes seitens des späteren Verkäufers als vorweg erklärte Annahme des Höchstgebots des jeweiligen Bieters zu verstehen ist (BGH NJW 2002, 363). Damit wird es ausgeschlossen, das Freischalten als bloße invitatio ad offerendum des Verkäufers zu verstehen. Anders als bei der Auslage im Schaufenster eines Ladenlokals, bei der dem Verkäufer nicht ein Beschaffungsrisiko aufgebürdet werden soll, ist bei einem ebay-Geschäft die Annahme eines Bindungswillens des ebay-Verkäufers unproblematisch (vgl. Oechsler, Jura 2012, 497, 498). Seine mit Bindungswillen abgegebene Erklärung, dem Höchstbietenden das ebay-Objekt zu überlassen, setzt ihn keinem Beschaffungsrisiko aus und wahrt auch die Interessen des Höchstbietenden.

3. Problematischer ist die Frage des Bindungswillens des ebay-Verkäufers aber deshalb, weil die Angabe eines niedrigen Startpreises im ebay-Verfahren ganz offensichtlich nicht den realistischen Wert des ebay-Objektes wiedergibt. Da eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung des ebay-Verkäufers, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, nach § 118 BGB nichtig ist, könnte mit dieser Begründung von einer fehlenden antizipierten Annahmeerklärung des ebay-Verkäufers ausgegangen werden. Auf die Erkennbarkeit der fehlenden Ernstlichkeit der Willenserklärung kommt es für die Anwendbarkeit des § 118 BGB nicht an. Das zeigt § 122 Abs. 2 BGB, der die Haftung bei Abgabe einer Scherzerklärung gerade für den Fall ausschließt, dass der Erklärungsempfänger die fehlende Ernstlichkeit erkennen konnte (vgl. Bork, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 3. Aufl. 2011, Rn 812; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2 Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl. 1992, § 20, 3; Bydlinski, JZ 1975, 1, 3; Oechsler, a.a.O., 398). Schutzbedürftig ist der ebay-Verkäufer bei Angabe eines niedrigen Startpreises ohnehin nicht. Seine Angabe beruht auf taktischen Überlegungen, die sich bei fehlenden, dem Wert des ebay-Objektes nähernden Angeboten als "törichtes Verhalten" (Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10. Aufl. 2010, Rn 361) herausstellen können. Die damit gewonnene Werbekraft des Verkäufer-Verhaltens funktioniert nur dann, wenn die Bieter darauf vertrauen, den Verkäufer bei seinem Wort nehmen zu können, damit für den worst case des Verkäufer-Ziels von der Ernstlichkeit dessen antizipierter Annahmeerklärung ausgehen.

4. Von eher geringer Bedeutung ist die Frage, ob die unter einer aufschiebenden Bedingung erklärte Annahme des Höchstgebots als eingetreten angenommen werden kann. Da die Auktion von dem Verkäufer abgebrochen worden ist, ist der Bedingungseintritt nach dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 162 BGB als eingetreten anzusehen. Durch den Abbruch der Auktion entgegen den Auktionsbedingungen hat der – verhinderte – Verkäufer den Bedingungseintritt vereitelt (vgl. BAG NJW 2008, 872).

5. Schließlich kann eine Nichtigkeit der Annahmeerklärung des Verkäufers nicht mit der Begründung angenommen werden, bei einem groben Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Bieters und dem Wert des ebay-Objektes sei der Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters zu ziehen. Der BGH hat auf die taktischen Besonderheiten des ebay-Geschäfts abstellend einen solchen Schluss für nicht zwingend gehalten (vgl. ie. BGH NJW 2012, 2723 Rn 18–24).

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 5/2015, S. 266 - 268

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